Skip to main content
/ 03.06.2013
Wolfgang Zeh

Gesetzgebung als Hemmnis für den Gesetzesvollzug

Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 1995 (Leipziger Juristische Vorträge 4); 34 S.; 8,- DM; ISBN 3-929031-68-X
Im Mittelpunkt der Erörterung stehen Faktoren für Wirkungsschwächen von Gesetzen schon "in der Innenwelt der Gesetzgebung" (13). Ein Gesetz "soll zielführende und wirkungssichernde Elemente enthalten; andernfalls wäre sein Erfolg oder Mißerfolg vollständig in die Hand der Behörden gegeben" (14). Fehlen diese Elemente oder werden sie überlagert, ist die Wirksamkeit eingeschränkt. Das oft beklagte "Juristendeutsch" in Gesetzestexten ist für Zeh kein Defizit, da es um komplexe, spezialisierte Sachbereiche geht. Bedingt durch die kompromißhafte Willensbildung im Interessenpluralismus enthalten Gesetze allerdings zum Teil gegensätzliche Zielvorgaben, durch die Konflikte auf die Vollzugsebene verlagert werden. Durch übergeordnetes Verfassungsrecht sind ebenfalls divergente Wert- und Interessenprofile vorgegeben, so daß Gesetze oft nicht so wirken können, wie in der fachpolitischen Diskussion intendiert. Ein weiteres strukturelles Problem ist die Ausführung von Gesetzen durch die Länder oder Gemeinden, die eigene Spielräume haben. Nach Zeh sollten diese Faktoren für Wirkungsschwächen durch die Implementations-, Wirkungs- und Vollzugsforschung weiter untersucht werden. Für ihn ist jedoch klar, "daß das Normensystem als Ganzes nur funktionsfähig und akzeptabel bleibt um den Preis einer lediglich relativen Wirksamkeit der Einzelnorm" (32). Die Forderung nach einer hundertprozentigen Optimierung jedes einzelnen Gesetzes ist nicht aufrechtzuerhalten. Ein Grund dafür ist die notwendige Beteiligung von heterogenen Interessen am öffentlichen und damit offenen Gesetzgebungsprozeß. "Den" Gesetzgeber, der sich in abgeschlossene "Kammern" zurückziehe, gibt es nicht; die Vorstellung einer riesigen und hochspezialisierten Fachbürokratie "erzeugt eher Unbehagen" (25). Ein zweiter Grund für die Einsicht in die begrenzte Wirksamkeit von Gesetzen ist die Tatsache, daß Normen nicht überall vollständig, unmittelbar und zugleich umgesetzt werden können. Zeh sieht seinen eigenen Vorschlag - Überprüfung von Gesetzen nach einigen Jahren durch "Vollzugshearings" - in der Praxis auf Probleme stoßen: Politiker wenden sich eher zukünftigen Problemen zu als der Vergangenheit; außerdem stellen sich sachlich-analytische Aussagen über Wirksamkeit bei Politikern immer als Aussagen über Erfolg und Mißerfolg dar.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.322.212.321 Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Wolfgang Zeh: Gesetzgebung als Hemmnis für den Gesetzesvollzug Leipzig: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1050-gesetzgebung-als-hemmnis-fuer-den-gesetzesvollzug_999, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 999 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA