/ 06.06.2013
Mehmet Şekeroğlu
"Islamfalle" Deutschland? Negativintegration und Politisierung des Kulturellen
Münster: agenda Verlag 2007; 434 S.; 36,- €; ISBN 978-3-89688-333-9Diss. Hannover; Gutachter: I. Ahlers, P. Antes. – Parallelgesellschaft, mangelnder Integrationswille, gescheiterte Integration – so lauten die oft bemühten Stichworte im öffentlichen Diskurs über die Integration ausländischer Mitbürger. Şekeroğlu stellt dazu eine gewagte These auf: Die „Negativintegration“ (17) der türkischstämmigen Einwanderer sei ein politisch gewollter und bewusst gesteuerter Akt. Durch die Duldung und teilweise direkte Förderung des Islam(ismus) werde ein „Gegenvolk“ (92) konstituiert, welches durch das konstituierende Element der islamischen Kultur somit gleichsam in die „‚Islamfalle’“ (21) geführt wird. Das Multikulturalismus-Konzept mit seiner Betonung des Rechts auf die eigene kulturelle Identität würde somit von den Herrschenden instrumentalisiert, um die Türken vom politischen und gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Dies geschehe jedoch nicht offen und ersichtlich, sondern sei eine versteckte Tendenz, die offenzulegen Şekeroğlu sich zur Aufgabe gemacht hat. Als ursächliche politische Motivation diene die deutsche Einheit: Die Bewältigung der Wiedervereinigung Deutschlands benötige ein „Gegenvolk, das errichtet wurde, um die inneren Differenzen wegzuwischen und eine neue gemeinsame nationale Identität aller Deutschen in Ost und West herzustellen.“ (106) Diese politische Verschwörung nehme auch Einfluss auf islamistische Gruppierungen in der Türkei selber, um die „Macht des türkischen Nationalstaats zu schwächen“ (267) und somit eine ablehnende Haltung gegenüber einem EU-Beitritt der Türkei legitimieren zu können. Seine hart am Rande der Verschwörungstheorie schlingernden Thesen können naturgemäß nicht eindeutig empirisch belegt werden. Şekeroğlu führt lediglich den Verweis auf die Notwendigkeit eines „Anderen“ für die Sicherung und Festigung der eigenen Identität als theoretischen Beweis an. Überzeugen kann seine Argumentation nicht, seine Thesen sind krude und kaum überprüfbar. Seine Fragen jedoch sind nichtsdestotrotz legitim und stellen einen wichtigen Input für die Debatte um Integration oder Nichtintegration von Ausländern in Deutschland dar.
Marius Sauter (MDS)
Student, Institut für Politikwissenschaft, Universität Tübingen.
Rubrizierung: 2.35
Empfohlene Zitierweise: Marius Sauter, Rezension zu: Mehmet Şekeroğlu: "Islamfalle" Deutschland? Münster: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/9051-islamfalle--deutschland_34002, veröffentlicht am 19.06.2008.
Buch-Nr.: 34002
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Student, Institut für Politikwissenschaft, Universität Tübingen.
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