„Die Bürgergesellschaften in Europa haben sich seit dem späten 20. Jahrhundert zumeist in Einwanderungsgesellschaften verwandelt.“ (17) Vor dieser Tatsache verschließe die deutsche Politik seit Jahrzehnten die Augen, konstatiert der Migrationsexperte Klaus J. Bade und plädiert daher für eine objektive Betrachtung der Migration. Er will so die entsprechenden Diskussionen in der deutschen Politik zurück auf die sachliche Ebene holen. Seine Kritik dabei ist vielfältig. Das Grundübel der gescheiterten Debatte um Migration sei in der Politik zu finden. Da man dort nicht sachlich‑wissenschaftlich an die Thematik herangehe, eröffne man populistischen Akteuren Chancen zur Demagogie. Mit chirurgischer Präzision seziert Klaus Bade dabei die Aussagen und Publikationen der beiden prominenten Islam‑Kritiker Necla Kelek und Thilo Sarrazin. Immer wieder kommt der Autor auch auf sein eigenes Wirken zu sprechen. Bade war Gründungsvorsitzender des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration und hat sich in dieser Funktion im Sinne einer kritischen Politikbegleitung mit allen Facetten der deutschen Debattenkultur auseinandergesetzt. Die Brisanz des Themas Migration in der deutschen Gesellschaft kann er durchaus nachvollziehen: „Gerade die Tatsache, dass die Alltagsrealisten der Einwanderungsgesellschaft die ethnische und kulturelle Pluralität mit zunehmender Gelassenheit akzeptieren, alarmiert die schrumpfende und deshalb umso lautstarker warnende Gruppe der Zivilisationskritiker, Kulturpessimisten und Kulturrassisten, deren publizistische Meinungsführer oft von einem statischen, möglichst wenig zu verändernden und vor allem gegen kulturelle ‚Überfremdung‘ zu verteidigenden Kulturverständnis ausgehen.“ (13 f.)