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/ 03.06.2013
Thomas Krebs

Parteiorganisation und Wahlkampfführung. Eine mikropolitische Analyse der SPD-Bundestagswahlkämpfe 1965 und 1986/87

Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag 1996 (DUV: Sozialwissenschaft); 195 S.; brosch., 44,- DM; ISBN 3-8244-4197-7
Politikwiss. Diss. F U Berlin; Erstgutachter: H.-D. Klingemann. - Gegen die Vorstellung einer manipulativen und kommunikativen "Omnipotenz" der politischen Parteien in Wahlkämpfen wendet sich der Autor in dieser Untersuchung, die den Zusammenhang von Wahlkampfführung und Parteiorganisation beleuchtet. Krebs vergleicht die beiden Bundestagswahlkämpfe der SPD der Jahre 1965 und 1986/87 und kommt dabei zu interessanten, bisweilen überraschenden Ergebnissen. So weist Krebs darauf hin, daß nicht von dem Aufkommen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien auf eine Professionalisierung der Wahlkampfführung geschlossen werden kann, insbesondere dann, wenn, wie im Falle der SPD, die kommunikative Strategie einem steigenden innerparteilichen Politisierungsdruck ausgeliefert ist. Erfrischend und fruchtbar scheint vor allem der vom Autor gewählte theoretische Ansatz. Krebs verbindet traditionelle Fragestellungen der Parteien- und Wahlkampfforschung mit dem aus der Organisationssoziologie entlehnten, von Crozier / Friedberg geprägten Ansatz der "Mikropolitik". Mikropolitische Ansätze sehen Organisationen nicht als durch Zweck- oder Systemrationalität bestimmte Strukturen, sondern als Arenen interessengeleiteter Interventionen, Aushandlungen oder Konflikte. Organisationen bieten ein vorstrukturiertes Handlungsfeld, doch lassen die Strukturen, zu denen Ressourcen, Bedingungen, aber auch Objekte politischer Prozesse zählen, Raum für einen unterschiedlichen Umgang mit diesen Strukturen. Die Verwendung dieses theoretischen Gerüsts erlaubt Krebs, die Widersprüche und "multiple selves" der Wahlkampfführung aufzuzeigen. Parteien sind keine monolithischen Machterwerbsmaschinen, sondern heterogene organisatorische Gebilde, in denen die einzelnen Akteure ihre individuellen strategischen Interessen verfolgen. Die Wahlkampfführung wird sowohl durch institutionelle als auch durch situative Faktoren beeinflußt.
Carsten Wierwille (CW)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.3322.331 Empfohlene Zitierweise: Carsten Wierwille, Rezension zu: Thomas Krebs: Parteiorganisation und Wahlkampfführung. Wiesbaden: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2796-parteiorganisation-und-wahlkampffuehrung_3680, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 3680 Rezension drucken
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