/ 31.05.2013
Thomas Saalfeld
Parteisoldaten und Rebellen. Eine Untersuchung zur Geschlossenheit der Fraktionen im Deutschen Bundestag (1949-1990)
Opladen: Leske + Budrich 1995; 406 S.; kart., 68,- DM; ISBN 3-8100-1376-5Politikwiss. Diss. München; Erstgutachter: K. Sontheimer. – Die Studie beschreibt Unterschiede und Veränderungen bei der Geschlossenheit der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei namentlichen Abstimmungen. Zeitlich umspannt sie die bundesdeutsche Parlamentsgeschichte bis zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl im Dezember 1990. Die Analyse orientiert sich vor allem an folgenden Fragen: Wie hat sich die Abstimmungskohäsion der wichtigsten Fraktionen im Deutschen Bundestag entwickelt? Wie sind Unterschiede bei der Geschlossenheit zu erklären?
Nach den einführenden und vorbereitenden Kapiteln mit der Erörterung verfassungspolitischer, theoretischer und methodologischer Fragen folgt die empirische Untersuchung in den Kapiteln 6 und 7. Anschließend werden die vorgefundenen Unterschiede und Veränderungen unter Rückgriff auf sozialwissenschaftliche Theorien der Gruppensolidarität erklärt und auch hinsichtlich weiterer Aspekte beleuchtet. Das Bild vom "Parteisoldaten", so Saalfeld abschließend, ist ein Vorurteil. Obwohl Abweichungen von der Fraktionslinie eine Ausnahme bleiben, nutzen Abgeordnete selbst bei namentlichen Abstimmungen die Freiheit, ihrem Gewissen oder ihren eigenen Anschauungen zu folgen. Die Fraktionsführungen erbringen allerdings "erhebliche Steuerungsleistungen", wobei Druck ausgeübt wird, aber auch Kompromisse geschlossen werden. Die Unabhängigkeit der Abgeordneten ist, so Saalfelds Forderung, "eifersüchtig zu bewachen", wenn "die oft hinter verschlossenen Türen stattfindende, interne Kontrolle der Regierung [...] mehr als eine bloße Fiktion sein soll" (362).
Inhaltsübersicht: 1. Einleitung; 2. Politische und wissenschaftliche Problemstellung; 3. Begriffliche Grundlagen; 4. Untersuchungsdesign und Methode; 5. Stand der Forschung und erste Hypothesen; 6. Innerfraktionelle Geschlossenheit 1949-1990; 7. Analyse nach Politikbereichen; 8. Geschlossenheit als Gruppensolidarität; 9. Soziale Homogenität; 10. Innerparteiliche Normen und Werte; 11. Abhängigkeit und Kontrolle; 12. Sanktionen; 13. "Themenhaushalt", Parteistrategien und Konfliktverarbeitung; 14. Schlußbetrachtung: Freie Volksvertreter, treue Parteisoldaten oder "angepaßte" Spezialisten?
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.321 | 2.331 | 2.21
Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Thomas Saalfeld: Parteisoldaten und Rebellen. Opladen: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/634-parteisoldaten-und-rebellen_441, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 441
Rezension drucken
M. A., Politikwissenschaftler.
CC-BY-NC-SA