/ 30.05.2013
Moritz Küpper
Politik kann man lernen. Politische Seiteneinsteiger in Deutschland
Halle: Mitteldeutscher Verlag 2013; 472 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-95462-062-3Diss. Bonn; Begutachtung: G. Langguth, W. Hilz. – Wenn politische Karrieren wissenschaftlich beschrieben werden, gibt es zwei probate Vorgehensweisen. Man kann entweder über sozialstatistische Daten allgemeingültige, generalisierende Urteile fällen oder induktiv über Biografien den Blick für diejenigen Aspekte schärfen, die aus dem Raster fallen. In beiden Fällen kommt man früher oder später auf das Phänomen der Seiteneinsteiger. Diese sind bislang nicht wirklich systematisch analysiert worden, sondern stellen eher Forschungsdesiderate dar (exemplarisch Buch‑Nr. 36154). Das veranlasste den Redakteur des Deutschlandfunks Moritz Küpper, diese Lücke ein wenig zu schließen. Die journalistische Ausbildung des Autors wirkt sich auf die Lesbarkeit des Buches positiv aus. Auch die aufbereiteten Daten sind für die weitere Beschäftigung mit dem Thema hilfreich. Küpper ermittelt 224 Quereinsteiger und 26 Seitenwechsler in der deutschen Politik, womit sechs Prozent der Politiker als solche von ihm klassifiziert werden. Freilich ist seine Herangehensweise nicht frei von zwei Schwächen. Er bezieht sich erstens in seiner Datengrundlage nur auf die Bundesebene, was legitim ist, jedoch möglicherweise dem Phänomen auf Landesebene nicht gerecht wird. Damit hängt, zweitens, teilweise zusammen, dass sein Begriff des Seiteneinsteigers recht statisch ist. Seiteneinsteiger bleibt man anscheinend sein weiteres Leben lang, ganz gleich, ob man wie Günter Rexrodt zuvor schon auf Landesebene ein Ministeramt innehatte, ob man wie Klaus von Dohnanyi über eine langjährige Parteilaufbahn verfügt oder ob man wie Roman Herzog nicht nur Richter war, sondern eben auch Landesminister. Während somit auf der einen Seite recht großzügig der Begriff des Seiteneinsteigers verwendet wird, bleiben dafür dann andere Persönlichkeiten, etwa die Bundesminister Walter Arendt und Kurt Gscheidle, außen vor, obwohl man diese ehemaligen Gewerkschaftsführer ja genauso erwähnen müsste wie Klaus Wiesehügel, den Küpper als Seiteneinsteiger auffasst. Durchaus unterhaltsam ist der Abschnitt zu lesen, in dem der Autor gescheiterte und gelungene Seiteneinstiege miteinander kontrastiert. Auch wenn die gewählten Lebensläufe ein wenig willkürlich herausgegriffen erscheinen und ihnen partiell auch die biografische Tiefe fehlen mag, kann der Autor daraus recht überzeugend eine Reihe von Vorzügen und Nachteilen des Seiteneinstiegs herausarbeiten. Trotz des insgesamt doch erratischen Charakters liefert Küppers Werk Material für eine weitergehende Beschäftigung mit dem Thema.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.331
Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Moritz Küpper: Politik kann man lernen. Halle: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/227-politik-kann-man-lernen_43699, veröffentlicht am 23.05.2013.
Buch-Nr.: 43699
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
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