/ 11.06.2013
Roman Herzog
Strukturmängel der Verfassung? Erfahrungen mit dem Grundgesetz
Stuttgart/München: Deutsche Verlags-Anstalt 2000; 144 S.; geb., 29,80 DM; ISBN 3-421-05348-0Kaum jemand hat in der Bundesrepublik die Verfassung und die Verfassungswirklichkeit von so vielen Seiten kennen gelernt und beeinflusst wie der Staatsrechtler, ehemalige Minister, Verfassungsrichter und Bundespräsident Herzog. In diesem Buch analysiert er Schwachstellen des Grundgesetzes und macht gleichzeitig Lösungsvorschläge. Aufs Ganze gesehen hat sich das Grundgesetz nach seiner Meinung zwar bewährt, in einigen grundlegenden Fragen hält Herzog jedoch Änderungen für notwendig. So plädiert er dafür, der Rolle der Parteien bei der "Staatswillensbildung - also bei Regierungsbildung und Regierungssturz, bei der Gesetzgebung und der Politik im weitesten Sinne" (24 f.) besser gerecht zu werden. Er wendet sich gegen den Irrglauben, das Grundgesetz garantiere stets politische Stabilität. Der ehemalige Bundespräsident sieht auf einer Reihe von Feldern durchaus Risiken, die zeigen, dass die "Stabilität einer Bundesregierung viel weniger von den mehr oder minder klugen Maßregeln des Grundgesetzes als vielmehr von stabilen Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag ab[hängt]" (41). Reformen fordert Herzog insbesondere im Hinblick auf die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, die staatliche Zuständigkeitsordnung hinsichtlich der Verwaltungen und die Finanzverfassung. Das Buch ist in einer verständlichen, aber keineswegs vereinfachenden Sprache geschrieben. Es richtet sich an einen breiten Leserkreis, der ihm auch zu wünschen ist.
Inhalt: Der große Widerspruch: Gewaltenteilung und parlamentarisches Regierungssystem; Irreführend: Der Parteienartikel; Ein typisch deutscher Versuch: Politische Stabilität durch Rechtsvorschriften?; Eine Scheinfrage: Gesetzgebungsstaat oder Verwaltungsstaat?; Die große Bremse: Das Patt der politischen Lager; Ein Lieblingsirrtum: Wahlrechtsreform?; Klare Verantwortlichkeiten: Die Verteilung der Zuständigkeiten; Zuständigkeiten: Das Beispiel des deutschen Bundesstaates; Zwiespältig: Die Macht des Bundesrates; Am nervus rerum: Die Finanzverfassung; Angst vor den Richtern: Politik aus Karlsruhe?; Die Schicksalsfrage: Demographie und Demokratie.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.32
Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Roman Herzog: Strukturmängel der Verfassung? Stuttgart/München: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/11978-strukturmaengel-der-verfassung_14285, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 14285
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M. A., Politikwissenschaftler.
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