/ 11.06.2013
Jörg-Uwe Nieland (Hrsg.)
Wahlkampf in den Medien - Wahlkampf mit den Medien. Ein Reader zum Wahljahr 1998
Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 1999; 265 S.; brosch., 68,- DM; ISBN 3-531-13419-1Wie schon für die Reader zu den Bundestagswahlen 1990 und 1994 untersuchten auch diesmal Politik- und Kommunikationswissenschaftler aus Deutschland und den USA verschiedene Aspekte der Wahlkampfkommunikation in der Kampagne zur Bundestagswahl 1998 mit empirischen Methoden. Bei der Mehrzahl der Projekte wurden quantitative und qualitative Inhaltsanalysen insbesondere von Fernsehbeiträgen vorgenommen (bei Zeh/Hagen in Verbindung mit einer komplexen Aggregatanalyse aufgrund von FORSA-Umfragedaten). Des weiteren gab es eine (problematische) Internetbefragung (Gellner) und zwei (nur mit Studenten durchgeführte) Experimentalprojekte (Kaid/Tedesco und Lessinger/Moke). Alle Beiträge beginnen mit ebenso soliden wie ausführlichen und mit reichlich Literaturhinweisen unterfütterten theoretischen Einführungen in die untersuchten Felder und die Erhebungsmethoden, sodass sich der Band auch sehr gut als allgemeine Einführung in Stand und Methoden der Wahlkommunikationsforschung eignet. Leider erfährt der Leser wenig über die Operationalisierung der inhaltsanalytisch untersuchten Begriffe.
Die Resultate sind zwar nicht sensationell, aber fast durchweg interessant. So zeigen z. B. Zeh/Hagen auf, wie groß der Einfluss sportlicher Misserfolge auf politische Stimmungen und resultierende Wahlabsichten war. Insgesamt weisen Holtz-Bacha und ihre Mitstreiter anhand vieler Einzelergebnisse nach, dass die vor allem von der bis dato in Deutschland nicht erlebten Professionalität der SPD-Kampa inspirierten Thesen über eine ganz neue Qualität der Wahlkampfführung bis hin zur völligen "Amerikanisierung" wissenschaftlich nicht haltbar sind, sondern "dass 1998 nur wenig neu war" (14). Zu dem Neuen gehört gegenüber den Wahlen von 1990 und 1994 - neben der großen Thematisierung der Kampagne selber - in erster Linie der Umstand, dass der Amtsinhaber sich im Fernsehen nicht mehr auf einen großen Amtsbonus verlassen konnte, die wahlkommunikative Ausgangslage für beide Kandidaten – deren Persönlichkeiten wie schon bei früheren Wahlen eine überragende Rolle spielten – also insgesamt eher ausgeglichen war.
Inhalt: Christina Holtz-Bacha: Wahlkampf 1998 – Modernisierung und Professionalisierung (9-23); Hans Mathias Kepplinger / Marcus Maurer: Der Nutzen erfolgreicher Inszenierungen (23-39); Frank Esser / Carsten Reinemann: "Mit Zuckerbrot und Peitsche". Wie deutsche und britische Journalisten auf das News Management politischer Spin Doctors reagieren (40-68); Christina Holtz-Bacha: "Wir sind bereit": Wählen Sie "Weltklasse für Deutschland." Fernsehwerbung der Parteien im Bundestagswahlkampf 1998 (69-85); Winand Gellner / Gerd Strohmeier: Netzwahlk(r)ampf. Die Wahlkommunikation im Internet (86-108); Klaus Kamps: Im Wahlkampf nichts Neues. Aufmerksamkeitsstrukturen der Kampagnenberichterstattung in Fernsehnachrichten (109-132); Werner Wirth / Ronald Voigt: Der Aufschwung ist meiner! Personalisierung von Spitzenkandidaten im Fernsehen zur Bundestagswahl 1998 (133-158); Markus Moke / Thorsten Quandt / Christoph Tapper: "Herr Bundeskanzler, was machen Sie, wenn Sie nicht mehr Kanzler sind...?" Eine Inhaltsanalyse journalistischer Fernsehinterviews mit Helmut Kohl und Gerhard Schröder im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 (159-187); Reimar Zeh / Lutz Hagen: "Nun zum Sport..." und andere kurzfristige Effekte von Fernsehnachrichten auf die Wahlabsicht im Bundestagswahlkampf 1998. Eine zeitreihenanalytische Untersuchung (188-217); Lynda Lee Kaid / John Tedesco: Die Arbeit am Image. Kanzlerkandidaten in der Wahlwerbung. Die Rezeption der Fernsehspots von SPD und CDU (218-241); Eva-Maria Lessinger / Markus Moke: "Ohne uns schnappt jeder Kanzler über..." Eine Studie zur Rezeption von Plakatwerbung im Bundestagswahlkampf 1998 (242-262).
Andreas Beckmann (AB)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.332 | 2.333 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Andreas Beckmann, Rezension zu: Jörg-Uwe Nieland (Hrsg.): Wahlkampf in den Medien - Wahlkampf mit den Medien. Opladen/Wiesbaden: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/11453-wahlkampf-in-den-medien---wahlkampf-mit-den-medien_13591, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 13591
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M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften, Bereich Politikwissenschaft, Universität Kiel.
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