Diss. Heidelberg; Gutachter: K. von Beyme, D. Ritschl. – Ein interdisziplinärer Ansatz, der bei einem Thema wie dem religiösen Fundamentalismus eigentlich selbstverständlich sein sollte, wurde bislang nur selten verwirklicht. Der Verfasserin ist es jedoch gelungen, eine fruchtbare Synthese aus theologischem und politikwissenschaftlichem Analyserahmen zu schaffen. Allein dafür verdient das Buch Aufmerksamkeit. Aus ihrer doch eher ungewöhnlichen Perspektive gelingt es Pieh, "den hybriden Charakter fundamentalistischen Denkens als eine eigene ideengeschichtliche Kategorie zu begreifen" (194). Ausgehend von ihrer Darstellung des theologischen Selbstverständnisses der fundamentalistischen Gruppen kann sie mit "liebgewonnenen" Vorurteilen und Stereotypen aufräumen. Sie wendet sich gegen vorschnelle Verurteilungen des Fundamentalismus zugunsten einer verstehenden Perspektive, ohne dabei beispielsweise gegenüber dem latenten oder manifesten Rechtsextremismus einiger Gruppen kritiklos zu bleiben. Im gleichen Licht ist ihre originelle Argumentation zu sehen, mit der sie den Fundamentalismus vom Vorwurf des Konservatismus befreit und ihn nicht als eine rein anti-moderne Bewegung, sondern als eine aktive Auseinandersetzung mit durch die Moderne und Postmoderne aufgeworfenen Fragen charakterisiert. Die politische Wirkung des Fundamentalismus betrachtet sie als eine eher indirekte. Inhaltsübersicht: I. Protestantischer Fundamentalismus als religiöses und politisches Phänomen; II. Die geschichtliche Entwicklung des Fundamentalismus; III. Fundamentalismus und Moderne: eine überholte Verhältnisbestimmung?; IV. Protestantischer Fundamentalismus und Politik; V. Das vernachlässigte Ende der Geschichte; VI. Fundamentalismus und das Verhältnis von Kirche und Staat; VII. Fundamentalismus und Nationalismus; VIII. Pray-TV; IX. Fundamentalismus und Konservatismus: Ein Mißverständnis; X. Das Denken und Handeln des Fundamentalismus und die Diskrepanz von Theorie und Praxis.