Diss. Mannheim; Gutachter: M. Erbe. – Die Autorin rekonstruiert die Prozesse und Mechanismen der Herausbildung der nationalen Identität der bosnischen Muslime, die – seit 1971 offiziell als Nation anerkannt – ihr „Nationalstaatsgebiet teilen (müssen), weil sich in ihrem Schicksal schon immer auch die Interessen der jeweiligen Großmächte widerspiegelten und schließlich weil sie Europäer islamischen Glaubens sind und dennoch nicht voll und ganz zum politischen Europa gehören“ (14). Ihr Rückblick auf wichtige historische Ereignisse der bosnischen Geschichte reicht bis in die Antike und ins Mittelalter, den Schwerpunkt nimmt jedoch die neuzeitliche Entwicklung ein. Ein besonderes Augenmerk gilt hier dem Einfluss der internationalen Gemeinschaft anhand der UN-Schutzzonen. Die Untersuchung ist eingebettet in eine theoretische Auseinandersetzung mit den Begriffen Identität, Ethnie und Nation. Zwar verfügten die bosnischen Muslime über eine kollektive Identität, es bestehe aber in Bosnien und Herzegowina keine nationale Identität auf der Basis einer Staatsangehörigkeit. Insofern müsse die „Nationswerdung der bosnischen Muslime [...] als ‚Überlebenskampf’ gegen die kroatischen und serbischen Territorialansprüche gewertet werden“ (212). Durch ihren historischen Ansatz sucht die Autorin den Zerfall Jugoslawiens im Kontext der jahrhundertelangen Einflussnahme externer Mächte auf den Vielvölkerstaat zu betrachten und ihn als „Konsequenz aus zahlreichen politischen Fehlentscheidungen und versäumten Möglichkeiten“ (163) darzustellen.