Diss. München; Gutachter: M. Mommsen, E. Bos. - Andreevas Fazit, dass Russland auf dem Weg zum Rechtsstaat noch einen langen Weg zurückzulegen hat, entspricht der Wahrnehmung, die über die tägliche Berichterstattung vermittelt wird. Mittels zweier Fallstudien zeigt die Autorin, welche Fortschritte, aber auch welche fortwährenden Widerstände im Hinblick auf den rechtsstaatlichen Charakter des Gesetzgebungsverfahrens sowie im Hinblick auf eine entsprechende politische Kultur seit In-Kraft-Treten der Verfassung von 1993 zu verzeichnen sind. Die Auseinandersetzung über das Bodengesetz folgte den Stufen des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses unter Einschluss weiterer Vermittlungsversuche zwischen Duma, Föderationsrat und Präsident. Letztlich konnte jedoch im Untersuchungszeitraum der grundlegende Dissens über die Geltung des in der russischen Verfassung normierten Grundrechts auf Privateigentum nicht gelöst werden. Die zweite Fallstudie, der Konflikt über das Kulturgütergesetz, veranschaulicht, wie die durch die Verfassung kodifizierte hochrangige Stellung des Völkerrechts selbst vom Verfassungsgericht nicht vollständig nachvollzogen wurde. Beide Auseinandersetzungen zeigen jedoch ebenso wie die Konflikte über die Kompetenzverteilung zwischen der Bundesebene und den Föderationssubjekten, dass zumindest hinsichtlich der Befolgung parlamentarischer Spielregeln Fortschritte gemacht wurden. Dies gilt umso mehr vor dem historischen Hintergrund der zaristischen und sowjetischen Rechtstradition sowie der gegenseitigen Blockade von Volksdeputiertenkongress und Präsident in den Jahren 1991-1993, die Andreeva im ersten Teil nachzeichnet.