/ 22.06.2013

Markus Metz / Georg Seeßlen
Bürger erhebt euch! Versuch über Postdemokratie, Neoliberalismus und zivilen Ungehorsam
Hamburg: LAIKA Verlag 2012 (LAIKAtheorie); 378 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-942281-11-9Auf dem Höhepunkt der Transformation zu einer unmenschlichen Gesellschaft sehen Metz und Seeßlen es als unausweichlich an, dass der Bürger gegen die Unterminierung seiner Stellung Widerstand leistet. Gemeint ist der Citoyen, der sich im Gegensatz zum Bourgeois den verheißungsvollen Idealen der Demokratie verpflichtet fühlt und gleichzeitig Zeuge deren zunehmender Bedeutungslosigkeit geworden ist. Diese Entwicklungen, die gemeinhin unter dem Label Postdemokratie geführt werden, lassen immer deutlicher werden, dass der unheilvolle Pakt zwischen Demokratie und Kapitalismus nur Letzterem zur Entfaltung verhilft und eine „(utopische) Gemeinschaft der Freien, Gleichen und Geschwisterlichen“ (34) verunmöglicht. Demnach müsse sich ein ziviler – also von diesem empörten Bürger ausgehender – Widerstand formieren, der den neoliberalen Herrschaftslogiken, der schwindenden Souveränität und damit jeder Aussicht auf Emanzipation entgegentritt. Metz und Seeßlen setzen bei den Bedingungen einer solchen Situation an, bei der unüberbrückbaren Spaltung zwischen Kapitalismus und bürgerlicher Demokratie, den Subjektivierungsformen innerhalb dieser Koordinaten sowie der Macht und ihren Exzessen der Gewalt, mit denen diese aufrecht erhalten wird. Darauf aufbauend erfassen sie im zweiten Teil die Krise der Demokratie und zeichnen sie am Niedergang der Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität nach. Angesichts dessen folgt die Notwendigkeit der Wiederaneignung der bürgerlichen Würde als Teilhabe an der demokratischen Gemeinschaft. Diese vollzieht sich im „Aufstand der Bürger“ (225), in ihrem zivilen Ungehorsam, der sich aus der moralischen Empörung in eine politische Handlung übersetzt. Den Grenzen und Möglichkeiten dieser Revolte ist schließlich der dritte Teil des Buches gewidmet. Trotz der zahlreichen Anleihen von Schlagwörtern – Hessels „Empörung“, die „Wutbürger“ etc. – und gewissen Allgemeinplätzen der kritischen Analyse bleiben die Autoren dabei auf einer anspruchsvoll differenzierten Untersuchungsebene, auf der sie sich keinen naiven Revolutionsphantasien hingeben, sondern an eine klar spezifische Subjektivität adressiert schreiben und zu Reflexion und durch dergleichen geleitetes Handeln inspirieren.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.2 | 2.3 | 5.41 | 5.42
Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Markus Metz / Georg Seeßlen: Bürger erhebt euch! Hamburg: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34701-buerger-erhebt-euch_41709, veröffentlicht am 12.10.2012.
Buch-Nr.: 41709
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
CC-BY-NC-SA