/ 21.06.2013
Christoph Görisch
Demokratische Verwaltung durch Unionsagenturen. Ein Beitrag zur Konkretisierung der europäischen Verfassungsstrukturprinzipien
Tübingen: Mohr Siebeck 2009 (Jus Internationale et Europaeum 35); XXI, 472 S.; Ln., 109,- €; ISBN 978-3-16-149874-9Rechtswiss. Habilitationsschrift München; Gutachter: B. Pieroth, C. Walter. –
Dass das europäische Verwaltungsrecht auch und vor allem Verwaltungsorganisationsrecht ist, ist eine ältere Einsicht, die indes erstaunlicherweise nur wenig vertiefte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik zur Folge hatte. Ungezählt sind demgegenüber die Beiträge zum sogenannten Demokratiedefizit der Europäischen Union. Görisch verbindet diese beiden Perspektiven am Beispiel bestimmter rechtsfähiger selbständiger Verwaltungseinheiten, die hier unter der die Terminologie des Lissabonvertrages vorwegnehmenden Bezeichnung „Unionsagenturen“ (10) zusammengefasst werden. Er versucht damit die Vorgaben des Primärrechts, namentlich des Verfassungsstrukturprinzips der Demokratie nach Art. 6 Abs. 1 EU (inzwischen Art. 2 EUV), klarer herauszuarbeiten. In Ermangelung spezieller primärrechtlicher Grundlagen erweist sich die Auseinandersetzung mit dieser allgemeinen Verpflichtung auf das Demokratieprinzip einschließlich der daraus für die Verwaltungsorganisation folgenden Implikationen als für das Agenturwesen besonders relevant. Auf Basis einer umfassenden, unterschiedliche bisherige Typisierungen aufnehmenden Systematisierung werden die demokratischen Anforderungen weiter konkretisiert. Dabei erfolgt unterstützend eine intensive und kritische Analyse der grundlegenden „Meroni“-Rechtsprechung zum Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts. Man mag bezweifeln, ob die letztlich eher der Zentralisierung dienenden Agenturen tatsächlich das beste Referenzgebiet für den – zweifellos vorhandenen – Übergang von einer primär hierarchisch strukturierten zu einer vornehmlich auf dem Kooperationsprinzip aufbauenden Unionsverwaltungsorganisation bilden (s. a. „Ausnahmecharakter der unionsunmittelbaren Verwaltung“ [404]). Infolge der spezifischen Dynamik des Gegenstands ist die Untersuchung zudem nicht nur hinsichtlich der primärrechtlichen Grundlagen, sondern auch der rechtstatsächlichen Entwicklungen nicht auf dem allerneuesten Stand, ohne dass dies dem Verfasser anzulasten wäre. Mit Blick auf den ungebrochenen Evolutionsdrang erweist sich jedoch die stabilitätsgewährleistende Rückbesinnung auf die gründungsvertraglichen Strukturprinzipien als sinnvoll und weiterführend.
Steffen Augsberg (AU)
Prof. Dr., Professur Öffentliches Recht, Justus-Liebig-Universität Gießen.
Rubrizierung: 3.2 | 3.5 | 3.3
Empfohlene Zitierweise: Steffen Augsberg, Rezension zu: Christoph Görisch: Demokratische Verwaltung durch Unionsagenturen. Tübingen: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30950-demokratische-verwaltung-durch-unionsagenturen_36785, veröffentlicht am 18.12.2009.
Buch-Nr.: 36785
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Prof. Dr., Professur Öffentliches Recht, Justus-Liebig-Universität Gießen.
CC-BY-NC-SA