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/ 17.06.2013
Heinrich-Böll-Stiftung / Werner Schulz (Hrsg.)

Der Bündnis-Fall. Politische Perspektiven 10 Jahre nach Gründung des Bündnis 90

Bremen: Edition Temmen 2001; 201 S.; geb., 12,50 €; ISBN 3-86108-796-0
Das Bündnis 90 wandelte sich 1991 von einer Listenverbindung oppositioneller, ostdeutscher Bürgerbewegungen in eine politische Partei. In diesem Buch ziehen ehemalige und aktive Mitglieder des Bündnis 90 und der Bündnisgrünen eine kritische und bisweilen bittere Bilanz des zehnjährigen Bestehens des Bündnis 90 als Partei. Das Dilemma von Bündnis 90 basiert auf dem Selbstverständnis, eine parteiübergreifende Bürgerbewegung sein zu wollen und der politischen Notwendigkeit, Partei sein zu müssen, um parlamentarisch agieren zu können. Diese politische Notwendigkeit war einer der ausschlaggebenden Gründe für die Fusion des Bündnis 90 mit den Grünen zur Partei Bündnis 90/Die Grünen im Jahre 1993. Den einzelnen Beiträgen ist ein Grundkonsens zu entnehmen: "Das Zusammengehen von ostdeutscher Bürgerbewegung und westdeutschen Grünen war für beide Seiten überlebenswichtig, doch für Bündnis 90 nicht erfolgreich" (142). Die einstigen Maximen von Bündnis 90, die bürgerliche Selbstbestimmung und die Verfassungsdebatte, sind auf Bundesebene nicht in Erscheinung getreten. Das Bündnis 90 wurde innerhalb des Bündnis 90/Die Grünen marginalisiert. Als Folge gilt die Partei in der gesellschaftspolitischen Wahrnehmung als Westpartei. Die Autoren kommen bei der Analyse der Ursachen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Kernpunkt der Kritik ist, dass es sich bei der Vereinigung der beiden Parteien nicht um eine Fusion auf Augenhöhe gehandelt habe, sondern um einen Anschluss des Bündnis 90 an die Partei der Grünen. Im Rahmen selbstkritischer Reflexion wird auch auf die Differenzen innerhalb des Bündnis 90 und die voreilige Übernahme westlicher Parteistrukturen eingegangen. Inhalt: Martin Böttger: "Wir sind das Volk!" Visionen einer demokratischen Verfassung in der DDR-Opposition (12-17); Hans-Jürgen Fischbeck: Mehr Demokratie wagen? Bündnis 90 war ein erster Schritt - wo bleibt der zweite? (18-23); Katrin Göring-Eckardt: Das Zeitalter der Ideologien ist vorbei. Gedanken zum zehnjährigen Geburtstag des Bündnis 90 (24-28); Gerald Häfner: Deutsche Einheit durch die Hintertür. Die deutsche Verfassungsreform und der Beitrag des Bündnis 90 (29-39); Gisela Hagenguth: Pflicht und Verantwortung zum Handeln (40-43); Ricarda Horn: Zwischen Vision und Realität. Kann eine Vermenschlichung des politischen Betriebes gelingen? (44-56); Heiko Lietz: Begräbnis zweiter Klasse. Zum Verschwinden der politischen Bürgerbewegung in den neuen Bundesländern (57-64); Petra Morawe: Notwendige Ent-Täuschung (65-70); Erhard O. Müller: Unvollendet abgebrochen. Ohne es genau zu wissen, formulierte Bündnis 90 eines der aktuellsten Programme der europäischen Parteiengeschichte: den aktiven Bezug auf die Zivilgesellschaft (71-79); Helmut Müller-Enbergs: Untergang auf Raten. Die Bürgerbewegung als temporäres Bündnis und Kaderreservoir (80-86); Gerd Poppe: Nicht nur eine Addition ... Rede zur Begründung des Zusammengehens im Januar 1993 (87-96); Grit Poppe: Aufbruch wegwohin (97-98); Lothar Probst: Vorwärts und schnell vergessen? Zum Verschwinden der Bürgerbewegung und der Konjunktur der Bürgergesellschaft (99-106); Joachim Raschke: Disharmonie von Partei und Bewegung. Zur inneren Verwandtschaft von Bündnis 90 und Grünen (107-113); Lutz Rathenow: Wahrnehmungspuzzle. Von der schweren Erkennbarkeit der Bündnisgrünen im Osten (114-119); Jens Reich: Die BündnisGrünen im Osten. Eine Partei mit gesamtpolitischem Anspruch? (120-122); Ines Saager: Erwartungen, Hoffnungen, Chancen. Bilanz einer politischen Vereinigung, die keine war (123-128); Regina Schmidt: Haben wir einander zugehört? Persönliche Reminiszenzen anlässlich eines Jubiläums (129-134); Werner Schulz: Ach Du Grüne 90! (135-143); Christoph Singelnstein: Diagnose: zu verschieden. Warum das Projekt Bündnis 90 scheitern musste (144-149); Wolfgang Templin: Bündnis 90 im Grünen. Gibt es eine Perspektive nach dem Scheitern? (150-156); Hans-Jochen Tschiche: Wegmarkierungen. Vom Bündnis 90 zu den BündnisGrünen. Wie weiter? (157-161); Wolfgang Ullmann: Das Programm "Bündnis 90" bleibt akut (162-169); Dietmar Volk: Außer Spesen nichts gewesen? Zehn Jahre Bündnis 90/Die Grünen: ein Blick zurück (170-172); Reinhard Weißhuhn: Was ist geblieben - und warum nicht? (173-178); Christiane Ziller: Erfolg mit unerwünschten Nebenwirkungen (179-182); Marianne Birthler: Ausblick: Bündnisgrüne im Feindesland? (183-190).
Sven Wagener (SWA)
Dipl.-Politologe, M. E. S.
Rubrizierung: 2.3312.315 Empfohlene Zitierweise: Sven Wagener, Rezension zu: Heinrich-Böll-Stiftung / Werner Schulz (Hrsg.): Der Bündnis-Fall. Bremen: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16791-der-buendnis-fall_19291, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19291 Rezension drucken
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