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/ 03.06.2013
Karl-Dieter Opp

Die enttäuschten Revolutionäre. Politisches Engagement vor und nach der Wende

Opladen: Leske + Budrich 1997 (Fragen der Gesellschaft); 280 S.; 36,- DM; ISBN 3-8100-1599-7
Opp geht es um die Erfüllung eines sozialwissenschaftlichen Desiderats: die empirisch gesättigte Darstellung und vor allem Erklärung politischen Engagements in Ostdeutschland nach der von ihm selbst so bezeichneten volkseigenen Revolution. Als Grundlage dienen vorwiegend zwei Repräsentativbefragungen Leipziger Bürger aus den Jahren 1990 und 1993 sowie eine Auswertung der Leipziger Volkszeitung hinsichtlich der Protestereignisse 1990-1993. Während viele Einzelergebnisse der Untersuchung der conventional wisdom entsprechen, stehen manche in offenkundigem Gegensatz zur veröffentlichten Meinung. Dies beginnt mit der Protesthäufigkeit, die in Leipzig während des Untersuchungszeitraums nur unwesentlich und keinesfalls kontinuierlich abgenommen hat, und setzt sich fort bis zur (überraschend?) geringen Unzufriedenheit der Leipziger mit der eigenen wirtschaftlichen Situation. Vor allem erweist sich das "in den Medien propagierte Bild der total frustrierten ehemaligen Dissidenten" (227) als ein Zerrbild der Realität: Die Aktivisten der Herbstrevolution zeigen sich 1993 erkennbar zufriedener als die Zuschauer des Umbruchs; weshalb sich Opp dennoch für den irreführenden Titel entschieden hat, bleibt sein Geheimnis. Gewalt als Instrument politischen Protests wird von den Befragten noch deutlicher abgelehnt als von Westdeutschen; illegale Handlungen gelten ihnen zudem als aussichtslos. Neuerlich bestätigt findet sich die Hypothese, daß Unzufriedenheit alleine keinen Protest auslöst, sondern politisches Engagement erst dann hervorbringt, wenn das eigene Handeln als einfluß- und damit chancenreich wahrgenommen wird. Inhaltsübersicht: I. Politisches Engagement in den neuen Bundesländern vor und nach der Wende: Das Beispiel Leipzig; II. Der Transformationsprozeß und politisches Engagement: Ein Erklärungsmodell; III. Unzufriedenheit und politischer Einfluß; IV. Die Moral des Protests und die Akzeptierung von Gewalt; V. Soziale Strukturen: Freunde, Kollegen und Gruppen vor und nach der Wende; VI. Die Wahrnehmung von Repression bei politischem Engagement – 1989 und 1993; VII. Resümee: Die Ursachen politischen Engagements nach der Wende; VIII. Persönlichkeitsstruktur und politisches Engagement; IX. Die Veränderung der Lebensverhältnisse – Anlaß für eine neue Revolution?; X. Wie hat die Revolution von 1989 die Revolutionäre verändert?
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 2.3132.3312.35 Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Karl-Dieter Opp: Die enttäuschten Revolutionäre. Opladen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1482-die-enttaeuschten-revolutionaere_1681, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 1681 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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