Skip to main content
/ 22.06.2013
Helga Krohn

"Es war richtig, wieder anzufangen" Juden in Frankfurt am Main seit 1945

Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2011; 365 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-86099-691-1
„Es war richtig, wieder anzufangen“, kommentierte das Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde in Frankfurt a. M. und der spätere Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Ignatz Bubis die Einweihung des jüdischen Gemeindezentrums 1986 in Frankfurt. Der Wiederentstehung und den Aktivitäten dieser Gemeinde nach 1945 widmet sich die Historikerin Krohn; sie ist Trägerin des Rosl-und-Paul-Arnsberg-Preises zur Erforschung der jüdischen Geschichte des Jahres 2008 der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt. Die Autorin will dazu beitragen, dass das Judentum nicht nur unter den Vorzeichen der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung wahrgenommen wird. Ihr Anliegen ist es, zur Aufklärung der nichtjüdischen Öffentlichkeit beizutragen, die meist wenig über die in Deutschland lebenden Juden weiß. In einem knappen Rückblick wird die seit 1150 bestehende, zweitgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland vorgestellt. Sie war schon im Mittelalter Opfer von Pogromen, die Verfolgung kulminierte in der organisierten Vernichtung im Nationalsozialismus. Die wenigen Jüdinnen und Juden, die in Deutschland überlebten oder aus dem Exil zurückkehrten, bauten am Hauptsitz des europäischen Hauptquartiers der US-amerikanischen Streitkräfte die Gemeinde wieder auf. Grundlage des Buches bilden Biografien und weitere schriftliche wie mündliche Überlieferungen; in einem Tagebuch von 1947 ist das schwierige Neu-Leben der Überlebenden des Holocaust nachzulesen: Hunger, Wohnungsknappheit und ablehnende Begegnungen mit der deutschen Öffentlichkeit wichen schließlich der Präsenz jüdischen Lebens in der Öffentlichkeit. Krohn macht deutlich, dass Ereignisse wie die Studentenbewegung in den späten 60er-Jahren oder die Einwanderung von Juden aus der ehemaligen UdSSR Anfang der 90er-Jahre das Selbstbewusstsein der Gemeinde stärkten, religiöser Pluralismus und gesellschaftlicher Umbruch beendeten die Nachkriegsgeschichte. Die liberale jüdische Tradition, so Krohn, bilde nun die Basis. Die jüdischen Bürger seien „Träger einer außergewöhnlich kostbaren Religion, Tradition, Geschichte, Gedankenwelt und Kultur“ (240), die der Lebens- und Meinungsvielfalt des modernen Deutschlands ein Gesicht geben.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.352.3132.3252.331 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Helga Krohn: "Es war richtig, wieder anzufangen" Frankfurt a. M.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33961-es-war-richtig-wieder-anzufangen_40703, veröffentlicht am 27.01.2012. Buch-Nr.: 40703 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA