/ 21.06.2013
Günter Buchstab / Rudolf Uertz (Hrsg.)
Geschichtsbilder in Europa. Hrsg. im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V.
Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 2009; 320 S.; kart., 15,- €; ISBN 978-3-451-30198-8Mit diesem Band rückt erneut die große Bedeutung von Geschichtspolitik(en) in den Blickpunkt. Die Europäische Union verfügt zwar u. a. über eigene Institutionen, einen Rechtsraum und eine Währung, aber die Identifikation der Bürger mit der Union, das Gefühl einer europäischen Identität, ist bisher wenig entwickelt. Da dies nicht zuletzt mit den nationalen Traditionsbeständen zusammenhängt, schildern die Autoren die verschiedenen nationalen Formen von Geschichtsbewusstsein. Aus dem Beitrag Horst Möllers zu Deutschland wird deutlich, wie hier infolge der NS-Vergangenheit und der vierzigjährigen Teilung des Landes nationale Geschichtsbilder an Bedeutung verloren haben. „Zur Geburtsstunde der Bundesrepublik gehört der europäische Bezug“ (14), was sich auch im deutschen Nationalbewusstsein niederschlägt, stellt ebenfalls Günter Buchstab in seiner Einleitung fest. Möller legt zudem Wert darauf, die positiven Traditionsbestände deutscher Gesichte zu betonen: „So wenig der deutsche Föderalismus den Nationalismus begünstigte, so sehr begünstigte er jedoch einen für Jahrhunderte übernationalen und universellen Bezug“ (22). Daher lehnt der Autor es auch ab, von einem Sonderweg der deutschen Geschichte zu sprechen, die „ideellen Wurzeln der modernen Demokratien, eines christlichen Menschenbildes, von Naturrecht und Aufklärung“ (32) seien in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien gleichermaßen anzutreffen. Krzysztof Ruchniewicz beschäftigt sich mit dem Geschichtsbewusstsein in Polen. Wie auch in anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks, spielt die Vergangenheit in Polen eine besondere Rolle. Zu den wichtigsten Fragen in diesem Kontext zählt die Geschichte des Unabhängigkeitskampfes „und seiner märtyrerhaften Komponenten“ (223). Unter der Politik der Brüder Kaczynski kam es zu einer Abkehr vom vormals praktizierten „kritischen Patriotismus“, „die schwierigen deutsch-polnischen Diskussionen sowie die noch schwierigeren polnisch-jüdischen fanden keine Rückendeckung seitens der Staatsführung mehr“ (243). Der im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegebene Band geht auf eine Tagung in Cadenabbia im Oktober 2007 zurück.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.35
Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Günter Buchstab / Rudolf Uertz (Hrsg.): Geschichtsbilder in Europa. Freiburg i. Br./Basel/Wien: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/30646-geschichtsbilder-in-europa_36394, veröffentlicht am 23.02.2010.
Buch-Nr.: 36394
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Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
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