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/ 20.06.2013
Alfred C. Mierzejewski

Ludwig Erhard. Der Wegbereiter der Sozialen Marktwirtschaft. Biografie. Aus dem Englischen von Anne Emmert und Norbert Juraschitz

Berlin: Siedler Verlag 2005; 399 S.; Ln., 24,- €; ISBN 3-88680-823-8
„In den meisten Situationen sprach sich Erhard gegen ein Handeln jedweder Art aus.“ (323) Er sei ein Antipolitiker gewesen, der sich der Folgen seiner Anschauungen nicht ganz bewusst gewesen sei. Dieses kritische Fazit zieht Mierzejewski, Professor für Geschichte an der University of North Texas, am Ende einer insgesamt wohlwollend geschriebenen Biografie. Er stellt vor allem Erhards Gradlinigkeit heraus; dieser habe nicht als gewiefter Politiker taktiert, sondern darauf vertraut, dass seine wirtschaftstheoretischen Überzeugungen in der Praxis Früchte tragen. Erhard glaubte, dass die freie Marktwirtschaft per se eine soziale sei, weil sie im freien Zusammenspiel der wirtschaftlichen Kräfte Wohlstand für alle bringe; verboten werden sollten nur Kartelle und Monopole. Einen Wohlfahrtsstaat mit einem dichten Netz an sozialen Leistungen lehnte er ab. Das höhere Ziel dieser freien Marktwirtschaft war, der Demokratie zu dienen. Mierzejewski zeigt die Genese dieses Gedankengebäudes, in dem kein Platz für einen Plan B in Krisenzeiten war, verbunden mit dem Lebensweg Erhards. Dazu gehören seine kleinbürgerliche Herkunft, die Erfahrungen im elterlichen Geschäft, seine Ausbildung zum Kaufmann, das Studium und der Einfluss seiner Professoren sowie der Kontakt zu den Freiburger Ordoliberalen, deren politisches Sprachrohr er keineswegs geworden sei, wie der Autor betont. Besonders hervorzuheben ist die bewusste Distanz Erhards zum NS-Regime. Nach dem Krieg wurde er Wirtschaftsminister in Bayern, dann ins Kabinett Adenauers berufen. In der Zeit des „Wirtschaftswunders“, auf das Mierzejewski ihm einen positiven Einfluss zuschreibt, setzte sich Erhard für die Umsetzung seiner Ideen in den staatlichen Grenzen ein. Der von Adenauer angestrebten europäischen Einigung konnte er, eingebunden im Korsett seiner wirtschaftstheoretischen Überzeugungen, nur wenig abgewinnen. Da er die dynamische, industrielle Wirtschaft als Motor des gesellschaftlichen Wandels ansah, fehlte ihm der entscheidende politische Gestaltungswille. Für das Kanzleramt, so der Autor, sei er damit ungeeignet gewesen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.32.313 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Alfred C. Mierzejewski: Ludwig Erhard. Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/23562-ludwig-erhard_27050, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 27050 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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