/ 18.06.2013
Andreas Maurer
Parlamentarische Demokratie in der Europäischen Union. Der Beitrag des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2002 (Integration Europas und Ordnung der Weltwirtschaft 25); 439 S.; geb., 66,- €; ISBN 3-7890-8235-XPolitikwiss. Diss. Gießen; Gutachter: R. Seidelmann, D. Eißel. - Die EU leidet unter einem doppelten Demokratiedefizit: Das Europäische Parlament (EP) ist hinsichtlich der Gestaltung der Europapolitik im Vergleich zum Ministerrat schwächer positioniert und die nationalen Parlamente haben Mitwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten verloren, die vom EP nicht aufgefangen werden konnten. Dennoch lässt sich in den letzten Jahren ein sektorspezifischer Prozess der Reparlamentarisierung auf der Ebene der EU-Organe beobachten. Maurer untersucht die dem EP und den nationalen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten in den letzten 15 Jahren zugestandenen und von ihnen genutzten Optionen zur Kontrolle und Mitgestaltung europäischer Politik. Die zentrale Frage lautet, in welcher Form und unter welchen Umfeldbedingungen den beiden parlamentarischen Ebenen Anreizstrukturen geöffnet wurden, die zur Reduzierung des Demokratiedefizits beigetragen haben. Hierzu wird die im Maastrichter Vertrag erstmals angelegte Verknüpfung der beiden Parlamentsebenen herangezogen. Analysiert werden Chancen und Grenzen eines europäischen Mehrebenenparlamentarismus. Der Autor gelangt zu dem Ergebnis, dass sich im Europäischen Parlament eine Entwicklung vom Rede- zum Arbeitsparlament vollzogen hat. Seit 1987 hat die Legislativarbeit die ursprünglichen Funktionen im Bereich der Initiative und Interessenartikulation verdrängt, sodass das Parlament "in ein strukturelles Konkurrenz- und Kommunikationsdefizit" getreten ist. Einen Ausweg böte die Aktivierung der europäischen Parteienstrukturen: So ließe sich die Kommunikationskette zwischen dem EP und den Bürgern schließen. Hinsichtlich der Beteiligung der nationalen Parlamente gelangt Maurer zu einem weniger positiven Ergebnis: "Die Analyse beider Parlamentsebenen zeigt deutlich, dass die Systemanpassungen im Europäischen Parlament weitaus dynamischer als die der nationalen Parlamente verlaufen." (437) Denkbare Lösungsmöglichkeiten wären etwa eine verbesserte Information der nationalen Parlamente durch die Regierungen oder eine direkte Beteiligung nationaler Abgeordneter an den Ministerratssitzungen, um dieses Gremium in eine Staatenkammer umzuwandeln.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.3 | 3.7
Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Andreas Maurer: Parlamentarische Demokratie in der Europäischen Union. Baden-Baden: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/18166-parlamentarische-demokratie-in-der-europaeischen-union_20987, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 20987
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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