/ 04.06.2013
Wolfram Vogel
Parlamentarische Opposition und Verfassungsrat im Normenkontrollverfahren in der V. französichen Republik
Staatsexamensarbeit Mannheim (Politikwissenschaft): OHNE 1996; 129 S.; ISBN OHNEErstgutachter: P. Graf Kielmansegg. Kopie zum Preis von 29,- DM (einschließlich Versandkosten) erhältlich bei: Wolfram Vogel, Lenaustr. 32, 68167 Mannheim.
Inwieweit hat die allmähliche Etablierung einer "echten" Verfassungsgerichtsbarkeit in Frankreich die Rolle der parlamentarischen Opposition in der V. Republik verändert? Die Arbeit beantwortet in ihrem ersten Teil die Frage, warum die französische Demokratietradition sowohl der Entstehung von Verfassungsgerichtsbarkeit als auch der Entwicklung eines dualistischen Parlamentarismus nach britischem Muster entgegenstand. Untersucht werden sodann die Handlungsspielräume, die der Opposition im "rationalisierten" Parlamentarismus der V. Republik bleiben. Das Ergebnis: Die verfassungsrechtlichen Prärogativen der Regierung sowie die Beschränkungen des Parlaments treffen vor allem die Opposition. Sie hat so gut wie keinen Einfluß auf den Gesetzgebungsprozeß. Unter den Vetorechten bleibt ihr nur die Anrufung des Conseil constitutionnel.
Im zweiten Teil der Arbeit wird gezeigt, daß seit der Verfassungsänderung von 1974, die einer Minderheit von mindestens sechzig Abgeordneten der Nationalversammlung bzw. des Senats das Recht der Anrufung des Verfassungsrates einräumte, dieser zum wesentlichen Instrument in der Strategie der Opposition geworden ist. Die Gesetzgebungsgegenstände, mit denen der Verfassungsrat sich am häufigsten befassen mußte, werden quantitativ und qualitativ ausgewertet. Für den Zeitraum 1974-1995 wurden hierfür sämtliche Normenkontrollverfahren untersucht. Verglichen mit deutschen Verhältnissen ist die Zahl der abstrakten Normenkontrollverfahren extrem hoch. Das Ergebnis: 98 Prozent aller Anrufungen gehen auf die jeweilige Opposition zurück. Die Klassifizierung der Rechtsprechungsmaterie läßt eine klare Strategie der Opposition erkennen: Regelmäßig sind zentrale Gesetzesvorhaben der jeweiligen Regierung betroffen, grundsätzlich auch die Budgets. Die Normenkontrollverfahren während der Regierung Balladur stellen in exemplarischer Weise einen "Spiegel des Regierungsprogramms" dar (99).
Seit Anfang der achtziger Jahre werden durch die Entscheidungen des Verfassungsrates beinahe die Hälfte aller Gesetze teilweise oder ganz annulliert. Hierin liegt der Erfolg der Opposition. Mit der Instrumentalisierung des Verfassungsrates hat sie also die politischen Teilhaberechte, die ihr der rationalisierte Parlamentarismus genommen hat, mit juristischen Mitteln wieder eingeklagt (108). Durch den intensiven Einbezug des Verfassungsrates in den politischen Prozeß sowie die Erfolge auf seiten der Opposition drängt sich die Frage auf, inwieweit sich das "politische" Verfahren der Berufung der Mitglieder problematisch auf die Rechtsprechung des inzwischen so einflußreichen Verfassungsgerichtes auswirkt.
Wolfram Vogel (Wolfram Vogel)
Rubrizierung: 2.61 | 2.21 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Wolfram Vogel, Rezension zu: Wolfram Vogel: Parlamentarische Opposition und Verfassungsrat im Normenkontrollverfahren in der V. französichen Republik Staatsexamensarbeit Mannheim (Politikwissenschaft): 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4722-parlamentarische-opposition-und-verfassungsrat-im-normenkontrollverfahren-in-der-v-franzoesichen-republik_1499, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 1499
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