/ 20.06.2013
Thomas Goll / Thomas Leuerer (Hrsg.)
Polen und Deutschland nach der EU-Osterweiterung. Eine schwierige Nachbarschaft
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2005 (Würzburger Universitätsschriften zu Geschichte und Politik 7); 127 S.; brosch., 29,- €; ISBN 3-8329-1464-1Welchen Einfluss hat die EU-Osterweiterung auf die laut Titel „schwierige Nachbarschaft“ von Deutschen und Polen? Diese Frage hätte das Thema des Sammelbandes sein können, der aus einer Tagung für Lehrerfortbildung des Instituts für Politikwissenschaft in Würzburg im Herbst 2004 hervorgegangen ist. Leider kommt es nur am Rande zur Sprache. Stattdessen wird im ersten Beitrag von Matthias Stickler ein sachkundiger Abriss der Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen geliefert, der die jüngsten Entwicklungen aber ausspart. Peter Gostmann analysiert mithilfe von Theorien des kulturellen Gedächtnisses (Assmann, Halbwachs) in seinem Aufsatz die „Erfindung der polnischen Nation“ (49). Die Probleme des polnischen Nationalbewusstseins im Zusammenhang der europäischen Integration werden allerdings ausgeblendet. Dass es keine tiefer gehende kulturelle Differenz zwischen Polen und Europa gebe, mag man mit Gostmann konzedieren. Dass aber die polnische Nation im Zeichen einer größeren Idee universeller Freiheit gegen die bloß interessengeleitete Integration Europas opponiere, scheint eine eher fragwürdige Interpretation dieses schwierigen Prozesses zu sein. Uwe Juns Vergleich der politischen Systeme Polens und Deutschlands weist auf eine ganze Reihe von Ähnlichkeiten hin. Jun ordnet Polen klar dem Typus des parlamentarischen Regierungssystems zu. Seine Gründe, das politische System Polens nicht dem semipräsidentiellen Typ zuzuschlagen, vermögen zu überzeugen. Für die informell gewichtige Stellung des polnischen Staatspräsidenten macht er die direkte Wahl und die fehlende parteipolitische Neutralität verantwortlich. Die zentrale Differenz zwischen den politischen Systemen Deutschlands und Polens sieht Jun in der unterschiedlichen Akzeptanz der Parteiendemokratie und den verschiedenen Parteiensystemen. Insgesamt bietet der Band Einblicke in verschiedene Aspekte der Geschichte und Politik Polens, allerdings kommen keine ausgewiesenen Polen-Experten zu Wort. Auch die polnische Fachliteratur wird nicht berücksichtigt.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 2.61 | 2.2 | 3.1
Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Thomas Goll / Thomas Leuerer (Hrsg.): Polen und Deutschland nach der EU-Osterweiterung. Baden-Baden: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/25047-polen-und-deutschland-nach-der-eu-osterweiterung_28971, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 28971
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M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
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