Politikwiss. Diss. Pädagogische Hochschule Karlsruhe; Begutachtung: G. Weißeno. – Für die Wahrnehmung und Beteiligung am politischen Leben einer Gesellschaft ist ein entsprechendes Wissen notwendig, um Vorgänge verstehen, sich eine eigene Meinung bilden und politisch handeln zu können. In heutigen repräsentativen Demokratien gehört deshalb die politische Informiertheit der Bürger zum angestrebten Gesellschaftsziel. Durch die fortschreitende europäische Integration und die damit verbundene zunehmende Kompetenzverlagerung auf die europäische Ebene gewinnt das politische Wissen über die Staatengemeinschaft eine immer größere Bedeutung. Trotz dieser Relevanz des politischen Wissens ist es erstaunlich, wie dürftig der Forschungsstand dazu in Deutschland ist. Insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung eines reliablen Messinstruments schließt die Autorin mit dieser Studie eine Forschungslücke. Sie modelliert EU-Wissen als latente Variable und untersucht individuelle Einflussfaktoren auf das Wissensniveau in Regressions- und Pfadanalysen. Dies ermöglicht verlässliche Aussagen zu den EU-Kenntnissen von Schülern im Regierungsbezirk Karlsruhe. Dabei kann die Autorin das Klischee der politischen Unwissenheit von Jugendlichen mit empirischen Ergebnissen widerlegen. Es zeigen sich die bekannten Muster der ungleichen Verteilung des Wissens: Höhere Bildung und das (männliche) Geschlecht sind stabile Bestimmungsfaktoren der EU-Kenntnisse. Neben dem objektiven Wissen über die EU wurde auch die Selbsteinschätzung der eigenen Kenntnisse erfasst. Die Resultate belegen, dass eine höhere subjektive Selbsteinschätzung auch mit einem objektiv höheren Wissensstand einhergeht. Allerdings sind im Hinblick auf das Geschlecht und den Bildungsgang systematische Verzerrungen festzustellen: Bei objektiv gleichem Wissensstand schätzen Mädchen und Schüler der gymnasialen Oberstufe ihr Wissen geringer ein als Jungen und Realschüler. Insbesondere bei heterogenen Zielgruppen ist deshalb das subjektive Wissen kein geeigneter Proxy-Indikator für die tatsächlichen Kenntnisse.