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/ 04.06.2013
Karl Georg Zinn

Sozialstaat in der Krise. Zur Rettung eines Jahrhundertprojekts. Hrsg. von Wilhelm von Sternburg

Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag 1999; 117 S.; 14,- DM; ISBN 3-7466-8528-1
Zinn, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Technischen Hochschule Aachen, beschreibt eine seit den siebziger Jahren anhaltende Wirtschaftskrise, die sich in Massenarbeitslosigkeit, schwacher Sachkapitalbildung, spekulativen Finanzanlagen sowie verschärften Verteilungsungerechtigkeiten und wachsender Armut äußere. In der Abwahl fast aller konservativer Regierungen in Westeuropa sieht er einen allmählichen Meinungsumschwung weg von der Ideologie des "reaktionären Neoliberalismus" (12). Obwohl er die interventionistische Tradition der Mitte-links-Parteien verschüttet sieht, werde "nach später Einsicht in die tatsächlichen Krisenursachen" doch noch zu einer "problemgerechten Reformpolitik" übergegangen werden. Dies bedeutet für ihn Einsicht in die Tatsache, "daß wir uns im Übergang von der zweihundertjährigen Wachstumsepoche zur Stagnation des kapitalistischen Marktsystems befinden und daß nicht Restauration, sondern die Reform des Kapitalismus auf der Tagesordnung der Weltgeschichte steht" (13). In seinen Überlegungen beschreibt er zunächst den dialektischen Zusammenhang von Sozialstaatsentwicklung und Kapitalismus. Danach will er "Sichtschneisen in den Dschungel verwirrender Empirie" (16) ziehen und einen perspektivischen Überblick über Krisenursachen bieten. Ausgehend von der These einer stagnierenden Wirtschaft plädiert er für Staatsinterventionismus als entscheidende Ergänzungsfunktion zum Markt und formuliert seine Vorschläge für Vollbeschäftigung: Arbeitszeitverkürzung und Dienstleistungsproduktion. Der europäische Währungsraum stellt für Zinn dabei ein wichtiges Handlungsfeld beschäftigungspolitischer Intervention dar. Inhalt: Historischer Pendelschlag - Einleitende Bemerkungen. Sozialstaat und Kapitalismus - Die verfeindeten Kinder der Freiheit: 1. Idee und Wirklichkeit - Soziale Freiheit versus Wirtschaftsfreiheit: Soziale Bewegung und Freiheitskampf. Wirtschaftsfreiheit und Demokratie; 2. Dialektik der Sozialpolitik; 3. Demokratie und Sozialstaat sind aufeinander angewiesen: Sozialstaatskritik und die Unlust an der Demokratie; "Haltet den Dieb" schreien die Räuber; Kriseneffekte: Rückschritt und Fortschritt. Zur Empirie der Sozialstaatsentwicklung: 1. Historische Evolution oder politischer Emanzipationskampf; 2. Überblick zur finanziellen Entwicklung der Sozialpolitik: Deutschland; Westeuropa. Die ökonomischen Dimensionen der Sozialstaatskrise: 1. Nicht der Sozialstaat, die Arbeitslosigkeit sind schuld an den Finanzierungsproblemen; 2. Zum Sozialmißbrauch und anderen Vorwürfen an den Sozialstaat; 3. Die Stagnationskrise: Die Nachfrage bleibt hinter den Produktionsmöglichkeiten zurück: Produktivitätsentwicklung und Sättigung; Die Abwärtsspirale von Arbeitslosigkeit und Nachfragemangel; Wachstum durch Produktinnovationen und Marketingmaßnahmen?; Bietet die Dienstleistungsgesellschaft einen Ausweg aus der Massenarbeitslosigkeit?; Sozialstaat und Arbeitskräftebedarf; Sozialstaatsfinanzierung und demographische Entwicklung. 4. Finanzierungsmethoden der sozialen Sicherung: Umlage oder Kapitaldeckung. Die Zukunft heißt Europa: 1. Sozialpolitische Aspekte der europäischen Währungsunion; 2. Das Rad muß nicht immer wieder neu erfunden werden: Rückgriff auf vorliegende Konzepte; Beschäftigungspolitische Möglichkeiten in der europäischen Währungsunion. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Ulrike Hensel (UH)
Rubrizierung: 2.3422.37 Empfohlene Zitierweise: Ulrike Hensel, Rezension zu: Karl Georg Zinn: Sozialstaat in der Krise. Berlin: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6405-sozialstaat-in-der-krise_8710, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 8710 Rezension drucken
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