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/ 05.06.2013
Peter Nahamowitz

Staatsinterventionismus und Recht. Steuerungsprobleme im organisierten Kapitalismus

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1998; 567 S.; brosch., 128,- DM; ISBN 3-7890-5438-0
Habilitationsschrift Hannover. - Der Band enthält - von zwei Originalbeiträgen (473 ff., 493 ff.) abgesehen - Arbeiten des Verfassers aus den Jahren 1981 bis 1995. An der Schnittstelle von Politik- und Rechtswissenschaft behandeln die Aufsätze überwiegend Themen des öffentlichen Wirtschaftsrechts von der Finanz- über die Arbeitsmarkt- bis zur Wettbewerbspolitik. Mehr noch als der institutionelle Umstand, daß die Sammlung vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Hannover als politik- und rechtswissenschaftliche Habilitationsschrift angenommen worden ist, unterstreichen die methodischen Postulate der "sozialen Problemorientierung" und der "Interdisziplinarität" (36 f.) die fächerübergreifende Perspektive des Verfassers. Gerade diese Kombination, die - wenn nicht alles täuscht - in juristischen Disziplinen nicht den Regelfall darstellen dürfte, macht die Überlegungen Nahamowitz für Politikwissenschaftler ebenso lehrreich wie anschlußfähig. Ausgehend von dem analytischen Konzept des "organisierten Kapitalismus" geht es dem Autor einerseits um eine Untersuchung der gesellschaftlichen Wirksamkeit von (Wirtschafts-)Recht; diese Fokussierung der materialen Implikationen von Rechtssetzung und -anwendung aus einer "marktkritischen Grundhaltung" (12) heraus verlangt unstrittig eine Öffnung der Rechtswissenschaft für sozial- und wirtschaftswissenschaftliche "Nachbardisziplinen" (11). Nicht weniger anregend ist andererseits die Auseinandersetzung mit zwei prominenten gesellschaftstheoretischen Ortsbestimmungen von Recht. Hier problematisiert Nahamowitz zwar auch den "wirtschaftsrechtlichen Steuerungsoptimismus" (19 ff.) von Habermas, doch die entschiedenere Kritik gilt der systemtheoretischen Rechtstheorie und ihrem autopoietisch ausgelegten "Steuerungspessimismus" (161 ff.), der sich primär aus einer analytischen Präjudizierung ergibt, die - ungetrübt von empirischer Fundierung - die Unwirksamkeit von Staatsinterventionen behauptet. Dagegen setzt der Autor die programmatische These: "In der modernen Gesellschaft hat die Wirtschaft determinierende und die Politik dominierende Qualität." (27) Inhalt: I. Wirtschaftsrecht und Wirtschaftspolitik im Organisierten Kapitalismus: 1. Wirtschaftsrecht im "Organisierten Kapitalismus" (1981); 2. Stabilisierung des Arbeitsmarkts durch Recht? Die Implementation des Stabilitätsgesetzes und der staatlichen Finanzpolitik (1989); 3. Bundesbankgesetz und Tarifvertragsgesetz als Instrumente einer aktiven Beschäftigungspolitik (1989); 4. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Staatsverschuldung (1990). II. Kritik und Niedergang der autopoietischen Gesellschafts- und Rechtstheorie: 5. "Reflexives Recht": Das unmögliche Ideal eines postinterventionistischen Steuerungskonzepts (1985); 6. Kritische Rechtstheorie des "organisierten Kapitalismus". Eine konzeptionelle Antwort auf postinterventionistische Rechtstheorie (1987); 7. Effektivität wirtschaftsrechtlicher Steuerung. Ein Beitrag zur Autopoiesis-Debatte (1987); 8. Autopoiesis oder ökonomischer Staatsinterventionismus? (1988); 9. Interventionistisches Recht als Steuerungskonzept. Am Beispiel des Bankeneinflusses auf die deutsche Wirtschaft (1990); 10. Kritik des medialen Rechtskonstrukts - Erwiderung auf Axel Görlitz (1990); 11. Autopoietische Rechtstheorie: Mit dem baldigen Ableben ist zu rechnen (1990); 12. Steuerung durch Recht und Steuerung des Rechts (1992). III. Deutsche Einheit als Rechtsproblem: 13. Ein neues Wirtschaftsverfassungsrecht für das vereinte Deutschland? (1990); 14. Wirtschaftsrecht als Instrument zur Herstellung und Bewältigung der Einheit (1992); 15. Grundgesetz und die Finanzierung der deutschen Einheit (1995). IV. Wirtschaft und staatliche Handlungsmacht: 16. Markt versus Staat: Theoriegeschichtliche Entwicklungen und aktuelle Trends (1993); 17. Gesellschaftliche Widerstände gegen eine konsequente Umweltpolitik. Qualitatives Wachstum als Ausweg? (1991); 18. Kooperativer Staat und interaktives Recht im organisierten Kapitalismus (Originalbeitrag); 19. Die Macht der Bundesbank. Die deutsche Notenbank im Spannungsgeflecht von Ideologie, Recht und sozialer Wohlfahrt (Originalbeitrag).
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.3425.415.45 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Peter Nahamowitz: Staatsinterventionismus und Recht. Baden-Baden: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/7541-staatsinterventionismus-und-recht_10038, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10038 Rezension drucken
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