/ 03.06.2013
Alessandro Silj
Verbrechen, Politik, Demokratie in Italien. Aus dem Italienischen von Ulrich Hausmann
Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1998; 389 S.; 27,80 DM; ISBN 3-518-11911-7Der Band rekonstruiert die politische Geschichte der Ersten Republik in Italien von 1943 bis 1994 anhand einer zweifachen Problemstellung: In welchem Zusammenhang haben Kriminalität, Korruption und Politik im genannten Zeitraum gestanden, und welche Folgen hat ihre Verflechtung für den Aufbau eines demokratischen Staates und einer republikanischen Gesellschaft im Nachkriegsitalien gehabt? Grundlage der Darstellung bildet eine umfassende Untersuchung von vielfach unveröffentlichtem bzw. bislang nicht ausgewertetem Aktenmaterial aus Regierungs-, Verwaltungs-, Polizei-, Militär- und Geheimdienstquellen sowie Zeitzeugeninformationen. These des Autors ist, daß bereits mit der Landung der Alliierten in Sizilien und der (Selbst-)Befreiung Italiens vom Faschismus 1943/44 eine unterschwellige Beeinflussung staatlicher Politik im Interesse und zur Erhaltung krimineller Substrukturen in der Gesellschaft eingesetzt habe. In der unbedingten Abwehr einer kommunistischen Machtübernahme in Italien habe sich diese Interessenverflechtung in den folgenden Jahrzehnten erhalten und vielfach als komplex, aber zuverlässig funktionierendes Netzwerk ausgeweitet. Erst der Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten ab 1989 habe durch den Wegfall der Zwangsvorstellung von einer kommunistischen Vereinnahmung des italienischen Staates die Aufdeckung und Zerschlagung dieser Verflechtung möglich gemacht, zugleich aber das Vertrauen in die Strukturen und Eliten der italienischen Demokratie in der Gesellschaft anhaltend beschädigt.
Inhaltsübersicht: 1. Die Legitimation des Verbrechens; 2. Die "Frage des Kommunismus" und die amerikanische Schutzmacht; 3. Italien als Vorposten des Kalten Krieges; 4. Neofaschismus und subversive Rechte; 5. Die revolutionäre Linke; 6. Die Strategie der Spannung; 7. Der andere Staat; 8. Terrorismus und Politik; 9. Der Fall Moro; 10. Die großen illegalen Affären des italienischen Kapitalismus; 11. Mafia und Politik; 12. Die Revolution von 1993.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.61 | 2.25 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Alessandro Silj: Verbrechen, Politik, Demokratie in Italien. Frankfurt a. M.: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1217-verbrechen-politik-demokratie-in-italien_1294, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 1294
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
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