/ 21.06.2013

Stefan Haack
Verlust der Staatlichkeit
Tübingen: Mohr Siebeck 2007 (Jus Publicum 164); XXXII, 528 S.; Ln., 114,- €; ISBN 978-3-16-149398-0Rechtswiss. Habilitationsschrift Leipzig; Gutachter: C. Degenhart, H. Goerlich, C. Hillgruber. – Generationen von Studierenden der Politikwissenschaft ist als die zentrale Besonderheit der EU gelehrt worden, dass die Mitgliedstaaten Teile ihrer Souveränität auf die europäische Ebene übertragen haben und die EU deshalb als supranational gelten könne. Die Konsequenzen dieser Lehre sind aber nur selten expliziert worden: Wie groß muss der Kompetenztransfer ausfallen, damit die Union selbst Staatsqualität erhält? Wie weit ist sie von diesem Punkt noch entfernt? Und umgekehrt: Wie robust ist die Staatlichkeit der Mitgliedstaaten nach mehr als fünfzig Jahren Integrationsgeschichte? Um diese Probleme geht es in dieser Studie. Zuerst geht Haack dem Staatsbegriff und seinen Dimensionen auf den Grund und identifiziert zehn Staatlichkeitskriterien. Im zweiten Schritt überprüft er, ob und in welchem Umfang die EU diese Kriterien erfüllt. Das Ergebnis fällt gemischt aus, doch spricht nach Ansicht des Autors manches dafür, den gegenwärtigen Status als eine Staatlichkeit im Übergang zu verstehen. Im dritten Schritt geht es um die Verbindung von Staatlichkeit, Staatsform und Demokratie. Haack arbeitet heraus, dass das Demokratieproblem der Union von der Frage nach dem staatlichen Charakter der EU nicht zu trennen sei, denn das viel zitierte Demokratiedefizit fuße wesentlich auf der parallelen Existenz zweier Legitimationsebenen (Mitgliedstaaten, EU). Die Strategie, den Integrationsprozess in Richtung europäischer Bundesstaatlichkeit fortzuentwickeln, werde jedoch am Grundgesetz scheitern. Wie Haack in seinem vierten Teil zeigt, ist der Beitritt zu einem europäischen Bundesstaat ein direkter Bruch der Prinzipien der deutschen Verfassung. Die Studie bietet nicht nur einen profunden Einblick in die jüngere staatstheoretische Diskussion in den Rechtswissenschaften (am Rande wird auch politikwissenschaftliche Literatur herangezogen), sie kann auch für die wieder reüssierende politikwissenschaftliche Debatte über den Staat (und sein Scheitern) wichtige Anregungen geben.
Wilhelm Knelangen (WK)
Dr., wiss. Ass., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 3.2 | 2.21 | 2.32 | 5.41
Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Stefan Haack: Verlust der Staatlichkeit Tübingen: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/28597-verlust-der-staatlichkeit_33704, veröffentlicht am 25.04.2008.
Buch-Nr.: 33704
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Dr., wiss. Ass., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
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