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/ 10.12.2015
Eckhard Jesse (Hrsg.)

Wie gefährlich ist Extremismus? Gefahren durch Extremismus, Gefahren im Umgang mit Extremismus

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Zeitschrift für Politikwissenschaft. Sonderband 2015 I); 221 S.; 44,- €; ISBN 978-3-8487-1126-0
Die normative Extremismustheorie, die besonders auf die Arbeiten von Eckhard Jesse und Uwe Backes zurückgeht, gehört zweifelsohne zu den kontrovers diskutierten Ansätzen der deutschen Politikwissenschaft. Es darf daher nicht verwundern, dass sich Jesse im Sonderband der Zeitschrift für Politikwissenschaft eingangs einigen Kritiken widmet. Allerdings moniert der Wissenschaftler das Fehlen einer Kritik am Gefahrenbegriff, der „im Zusammenhang mit tatsächlichem oder vermeintlichem Extremismus geradezu inflationär gebraucht [wird]“ (13). Das Ziel des Herausgebers und der Autor_innen ist es, diese Lücke zu schließen und analytisch verwertbare Konzepte zu entwickeln, die eine Grundlage für Gefahrenanalysen in der Extremismusforschung darstellen können. Im Beitrag zum extremistischen Gefahrenpotenzial kommt Tom Thieme etwa zu dem Schluss, dass „es unabdingbar [ist], zunächst klar zu benennen, was überhaupt bedroht beziehungsweise gefährdet wird: der Einzelne, das politische System oder beides“ (56). Er entwickelt daher ein Konzept, das nach verschiedenen Bedrohungsdimensionen (politische und soziale) und durch verschiedene Kriterien sowie Indikatoren differenziert werden kann. Tom Mannewitz kritisiert die herkömmliche Einteilung nach dem Links‑Rechts‑Schema und entwirft „eine sechsdimensionale Typologie, die extremistische wie demokratisch‑konstitutionelle (im engeren Sinne) Phänomene nach den von ihnen negierten demokratisch‑konstitutionellen Teilregimen unterscheidet“ (76). Der Vorteil dieses Extremismus‑Hexagons sei die Reduzierung von Komplexität und Vereinfachung von vergleichenden Gefahrenanalysen. Neben Fallbeispielen und einer Auseinandersetzung mit dem geläufigen Gegenentwurf des Extremismus der Mitte – dem sich Backes widmet – lässt der Sonderband auch Platz für Fundamentalkritik: Claus Leggewie und Horst Meier versuchen mit ihrem Beitrag, „die deutsche Extremismusdebatte vom Kopf auf die Füße zu stellen“ (163). Sie argumentieren, dass der sicherheitsfixierte Diskurs Gefahr laufe, diejenigen Werte zu untergraben, die er zu schützen vorgebe. Anstatt den Demokratieschutz vorzuverlegen, plädieren sie dafür, eine Gewaltgrenze zu definieren.
{RNE}
Rubrizierung: 2.372.352.252.222.61 Empfohlene Zitierweise: René Neumann, Rezension zu: Eckhard Jesse (Hrsg.): Wie gefährlich ist Extremismus? Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39190-wie-gefaehrlich-ist-extremismus_47952, veröffentlicht am 10.12.2015. Buch-Nr.: 47952 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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