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/ 04.02.2016
Frank Ettrich / Dietmar Herz (Hrsg.)

Willy Brandt: Politisches Handeln und Demokratisierung

Opladen/Berlin/Toronto: Budrich UniPress Ltd. 2015 (Schriften der Willy Brandt School of Public Policy an der Universität Erfurt); 270 S.; kart., 33,- €; ISBN 978-3-86388-076-7
Mit Willy Brandt stand das „Beispiel eines herausragenden Berufspolitikers“ (11) im Zentrum des nach ihm benannten Symposiums, das im Sommer 2012 an der Professional School of Public Policy der Universität Erfurt stattfand, auf das dieser Band zurückgeht. Seit 2009 trägt sie den Namen des früheren Bundeskanzlers. Drei Aspekte seines politischen Wirkens stehen im Zentrum der Betrachtung: Es geht erstens um seinen Beitrag zur Demokratisierung Südeuropas in den 1970er‑Jahren. So beschäftigt sich Ana Monica Fonseca mit der Rolle der SPD sowie der Friedrich‑Ebert‑Stiftung vor und während der Nelkenrevolution 1974/75. Die westdeutsche Sozialdemokratie habe bereits seit 1969 gegenüber Portugal eine Politik verfolgt, die auf eine Demokratisierung des Landes abgezielt habe, lautet ihre Beobachtung. Außerdem werden die Beziehungen zwischen Spanien und der SPD ab Mitte der 1960er‑Jahre sowie die Besonderheiten des griechischen Transformationsprozesses nach 1974 untersucht. Zweitens wird Brandts Zeit im skandinavischen Exil beleuchtet. Einhart Lorenz schildert Brandts Doppelrolle als Anhänger und Funktionär der norwegischen Arbeiterpartei und zugleich als enger Freund der deutschen Sozialistischen Arbeiterpartei. Diese Phase habe dazu geführt, dass er sich zu einem international denkenden Politiker entwickelt habe. Sicher haben diese Erfahrungen auch sein entwicklungspolitisches Engagement befördert, das den dritten Aspekt von Brandts Wirken im Sammelband darstellt. Lösungsansätze für den Nord‑Süd‑Konflikt thematisiert Judith Michel, die sich mit den Details des sogenannten Brandt‑Berichts, den er im Auftrag der Nord‑Süd‑Kommission erstellt hatte, beschäftigt, wie etwa die Konzentration der Hilfe auf die ärmsten Länder oder das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Außerdem sollte die Weltwirtschaft generell von einer „Steigerung des globalen Handels, vermehrten Investitionen der Industrieländer in den Entwicklungsländern und einer Reform des Finanzsystems profitieren“ (105). Brandt ging davon aus, wie Jan Hansen schreibt, „dass das Überleben der Menschheit [...] durch wachsende weltweite Ungleichheiten“ (150) gefährdet war. In dem zunehmenden Nord‑Süd‑Gefälle sah er ein Konfliktpotenzial entstehen, das sich irgendwann gewaltsam entladen wird. „Aus der Repräsentation einer globalen Risikogemeinschaft der Menschheit“ aufgrund nuklearer, sozialer und ökonomischer Bedrohungen schloss Brandt auf die Notwendigkeit einer Intensivierung von internationaler und supranationaler Kooperation. „Wenn die Menschheit überleben wolle, so forderte Brandt, dann müsse sie von nationalstaatlicher Souveränität absehen und sich weltgesellschaftlichen Konzepten öffnen“ (151). – Welche Weitsicht!
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Rubrizierung: 2.32.3132.22.61 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Frank Ettrich / Dietmar Herz (Hrsg.): Willy Brandt: Politisches Handeln und Demokratisierung Opladen/Berlin/Toronto: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39329-willy-brandt-politisches-handeln-und-demokratisierung_46120, veröffentlicht am 04.02.2016. Buch-Nr.: 46120 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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