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/ 17.06.2013
Heidrun Abromeit

Wozu braucht man Demokratie? Die postnationale Herausforderung der Demokratietheorie

Opladen: Leske + Budrich 2002; 219 S.; kart., 15,80 €; ISBN 3-8100-3350-2
In der Beurteilung der demokratischen Qualität der Europäischen Union scheint im politikwissenschaftlichen Mainstream schnell ein Konsens über deren Legitimations-, Repräsentations- und Partizipationsdefizite herstellbar zu sein. Diese Sichtweise will die an der Technischen Universität Darmstadt lehrende Politikwissenschaftlerin problematisieren, weil jener vielfach ungeeignete Demokratiemodelle heranziehe und damit die systematisch zentrale Frage - unter welchen Bedingungen sich transnationale Entscheidungsprozesse überhaupt demokratisch gestalten lassen - verdeckt werde. Abromeit attestiert der einschlägigen politikwissenschaftlichen Debatte über das europäische Demokratiedefizit - so das Ergebnis ihrer Bestandsaufnahme - teils affirmative, teils wirklichkeitsfremde Züge. Dafür seien vor allem zwei theoretische Defizite verantwortlich: Die Debatte fragt nicht gründlich genug "nach dem Zweck demokratischer Institutionen und Verfahren, und sie vernachlässigt die Kontextabhängigkeit solcher Verfahren" (64). Als roter Faden in der anschließenden Auseinandersetzung mit "empirischer" und "deliberativer" Demokratietheorie dient ihr das Partizipationsdefizit, verstanden als "Inkongruenz von Entscheidungsbetroffenheit und Entscheidungsbeteiligung" (11). Die Studie mündet im Entwurf eines "normativ-definitorische[n] Minimum[s]" (164), das Demokratie als "Eigenschaft von kollektiven Entscheidungssystemen" fasst (164 ff.) und nicht mit den darüber hinausgehenden Erwartungen der deliberativen Position belasten möchte. Auch wenn man der unübersehbaren Anlehnung an vertragstheoretische Perspektiven nicht folgen mag, so formuliert Abromeit - gerade in ihrem Insistieren auf Formen und Reichweite der Entscheidungsbeteiligung von Bürgern - doch ebenso anregende wie konkrete Fragen, die von der aktuellen Demokratiediskussion nicht ignoriert werden dürfen. Inhaltsübersicht: I. Das Demokratiedefizit: Bestandsaufnahme einer europäischen Debatte; II. Ein Theoriedefizit? Demokratietheoretischer Rück- und Überblick; III. Ein neuer Minimalismus.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.413.23.4 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Heidrun Abromeit: Wozu braucht man Demokratie? Opladen: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16570-wozu-braucht-man-demokratie_19031, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19031 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
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