/ 03.06.2013
Heiner Geißler
Das nicht gehaltene Versprechen. Politik im Namen Gottes
Köln: Kiepenheuer & Witsch 1997; 298 S.; 39,80 DM; ISBN 3-462-02618-6Geißler hält es für eine "Konsequenz des kategorischen Imperativs, immer wieder zu versuchen, eine Renaissance der politischen Ethik zu schaffen, die Moral und Politik, Geist und Macht zusammenbringt" (54). Für den Autor fußt diese politische Ethik auf den zentralen Inhalten der Botschaft Jesu Christi. In der Realität dagegen bestehe auf der ganzen Welt der krasse Gegensatz zwischen dem religiösen Mantel, in den sich die Herrschenden gerne einhüllen, und ihren menschenverachtenden politischen Handlungen und Verbrechen. Er fordert "in dieser Zeit des Turbokapitalismus" (154), daß die soziale Frage neu gestellt wird: Die Macht der Banken sollte kontrolliert, der Einfluß der Börsenanalysten begrenzt, und Arbeitnehmer sollten zu Aktionären werden, um einen "Volkskapitalismus" (152) zu schaffen. Er prangert Folter als Schande der Menschheit an (66 ff.), die Unterdrückung und Mißhandlung von Frauen in vielen islamischen Staaten (200 ff.), die Doppelmoral der US-Außenpolitik (205 ff.) und die schwammige Menschenrechtspolitik der Regierung Kohl (86 ff.). Auch in der deutschen Ausländerpolitik müsse das christliche Menschenbild umgesetzt werden. Deutschland habe erfahren, wohin Nationalismus führe. Medien und Politiker seien die schon in der Bibel beschriebenen Schreibtischtäter gewesen, als jahrelang über die "Asylantenflut" diskutiert wurde (122). Der Rechtskonservatismus in der CDU/CSU müsse überwunden werden, das habe sich nicht zuletzt bei den Reaktionen auf die Wehrmachtsausstellung gezeigt. Eine rechtskonservative Minderheit blockiere immer wieder die parlamentarische Arbeit in der Ausländergesetzgebung (133). Bemerkenswert ist, daß Geißler in diesem Zusammenhang die Programmatik der GRÜNEN/Bündnis 90 für konsensfähig mit der Union hält, "auch in einer Koalition" (132) – für Geißler ein Weg, um das Versprechen einzuhalten, das CDU und CSU in ihrem Namen tragen?
Inhaltsübersicht: Deo lo vult; Jesus: die christliche Botschaft; Staat – Test 1; Wirtschaft – Test 2; Soziales – Test 3; Frauen – Test 4; Ausländer – Test 5; Asyl und Frauen.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.35 | 4.42 | 2.36 | 2.342 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Heiner Geißler: Das nicht gehaltene Versprechen. Köln: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2894-das-nicht-gehaltene-versprechen_3801, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 3801
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M. A., Politikwissenschaftler.
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