Skip to main content
/ 17.06.2013
Ellen Bos / Margareta Mommsen / Silvia von Steinsdorff (Hrsg.)

Das russische Parlament. Schule der Demokratie?

Opladen: Leske + Budrich 2003; 295 S.; kart., 29,90 €; ISBN 3-8100-3133-X
Der Band fußt auf einem Workshop zum Parlamentarismus, der im September 2000 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München veranstaltet und von der VolkswagenStiftung gefördert wurde. Zwei leitende Fragen verbinden quasi als roter Faden alle versammelten Beiträge: Welchen Platz nimmt das Parlament im russischen politischen System ein? Hat sich das Parlament als eine Schule der Demokratie und als Motor einer allgemeinen demokratischen Entwicklung erwiesen? Die Autoren geben durchweg eine skeptische bzw. negative Antwort auf diese Fragen. Das russische Parlament hat demnach als eigenständige Institution nur eine untergeordnete Rolle im politischen System Russlands. Ansätze zu einer horizontalen Gewaltenteilung konnten sich kaum entfalten. Angesichts dieses nur bedingt institutionalisierten Parlamentarismus konnte das Parlament auch keine Schule der russischen Demokratie sein. Der Band überzeugt aus mehreren Gründen. Er berücksichtigt die Entwicklungen seit der Verabschiedung der Verfassung im Dezember 1993 und wird damit sowohl den Gegebenheiten der Ära Jelzin als auch denen der nachfolgenden Ära Putin gerecht. Darüber hinaus geht er auch auf weiter zurückliegende historische Abschnitte der Parlamentsgeschichte ein und rundet so das Gesamtbild ab. Die Beiträge im Hauptteil enthalten zwar kaum detaillierte Informationen über Binnenstruktur und Arbeitsweise des Parlaments. Stattdessen werden aber strukturelle Aspekte (Föderationsrat als zweite Kammer, regionale Legislativen, politische Parteien) analysiert, die sich zu einem komplexen Gesamtbild fügen. Von Interesse ist auch der abschließende Beitrag von Bos, in dem sie das politische Regime der Russischen Föderation typologisch bestimmt. Dabei ordnet sie Russland der Gruppe hybrider Regime zu, die sich in der Grauzone zwischen Demokratie und Autokratie befinden. Aus dem Inhalt: I. Parlamente in historischer und vergleichender Perspektive Herbert Döring: Entwicklungstendenzen parlamentarischer Tätigkeit in etablierten Demokratien - Die historisch langwierige Eindämmung einiger Pathologien von Rational Choice (13-46) Attila Ágh: Parliamentarization as a Regionally Specific Way of Democratization in East Central Europe (47-69) Klaus von Beyme: Entwicklungstendenzen des defekten Parlamentarismus in der Ersten und Zweiten Russländischen Republik (71-83) II. Elemente repräsentativer Demokratie im russischen Übergangsregime Viktor Šejnis: Zehn Jahre parlamentarische Erfahrung im postsowjetischen Russland - eine (persönliche) Zwischenbilanz (87-108) Margareta Mommsen: Die Ohnmacht von Parlament und Parteien bei der Regierungsbildung in Russland (109-142) Silvia von Steinsdorff: Wer sitzt in der Staatsduma? Zum Wandel der Repräsentationsmuster im russischen Parlament (143-175) Thomas F. Remington: Toward a New Model of Coalition Politics in the Russian State Duma (177-198) Galina Michaleva-Luchterhandt: Die politischen Parteien in der russischen Staatsduma (199-221) Margarete Wiest: Der russische Föderationsrat - Macht und Ohnmacht der zweiten Parlamentskammer (223-248) Andrej Zacharov: Die regionalen Parlamente im postsowjetischen Russland - Bilanz eines Jahrzehnts (249-268) III. Statt einer Schlussbetrachtung Ellen Bos: Wo fängt Demokratie an und wo hört Demokratie auf? Demokratietheoretische Überlegungen zum politischen Regime Russlands (271-292)
Sven Christian Singhofen (SCS)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaft (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.622.212.222.2 Empfohlene Zitierweise: Sven Christian Singhofen, Rezension zu: Ellen Bos / Margareta Mommsen / Silvia von Steinsdorff (Hrsg.): Das russische Parlament. Opladen: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/14957-das-russische-parlament_16969, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 16969 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
Neueste Beiträge aus
Außen- und Sicherheitspolitik