Das Schwert, der Schild und der Igel – Die Stärkung der Abschreckung im Rahmen des neuen Strategischen Konzepts der NATO
Einleitung
Als sich die Staats- und Regierungschefs der NATO im Jahr 1951 in Lissabon versammelten, hoffte die Allianz, 50 Divisionen aufstellen zu können, um die Sowjetunion von einem Angriff abzuschrecken.[1] Am Ende des Kalten Krieges hatte sie über 100.[2] Ende Juni 2022, als in der Ukraine der Krieg tobte, ein revanchistisches Russland den NATO-Mitgliedstaaten mit dem Einsatz von Kernwaffen drohte und sich die Staats- und Regierungschefs der NATO unweit des Kriegsschauplatzes, in Madrid versammelten, hatte die NATO ganze acht vorgeschobene Kampfgruppen zu ihrer Verfügung.[3]
In Madrid beschloss die NATO im Juni 2022 ihr neues strategisches Konzept sowie ein Paket von Maßnahmen zur deutlichen Stärkung ihre Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg beschrieb diese Maßnahmen als „die größte Revision unserer kollektiven Abschreckung und Verteidigung seit dem Ende des Kalten Krieges.“[4] Aber die NATO hat noch viel zu tun, um diese hochgesetzten Ziele zu erreichen. Während die von Russland ausgehende Bedrohung wieder das Niveau des Kalten Krieges erreicht hat, unternimmt die NATO Anstrengungen, um den großen Rückstand aufzuholen. Um die Lücke zu schließen, sollte die NATO die grundlegenden Elemente der „Schwert und Schild“-Strategie und der „Igel-Verteidigung“, mit denen sie die sowjetische Aggression eindämmte, neu beleben – und modernisieren.
1 Vgl. 1952 Arms Goals set up for NATO. Eisenhower to Have Fifty Divisions by End of Year if Quotas Are Met, New York Times, 20.2.1952, 9.
2 https://www.nato.int/cps/fr/natohq/declassified_138256.htm.
3 https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/2022/6/pdf/2206-factsheet_efp_en.pdf.
4 https://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_197080.htm.
„Das Schwert, der Schild und der Igel – Die Stärkung der Abschreckung im Rahmen des neuen Strategischen Konzepts der NATO“
SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen
Band 6, Heft. 4-2022, Seiten 423-431, https://doi.org/10.1515/sirius-2022-4006
Die Erstveröffentlichung des Textes erfolgte am 29. November 2022.
Dieses SIRIUS-Heft entstand im Jubiläumszeitraum der Stiftung Wissenschaft und Demokratie. Die Stiftung ist seit 30 Jahren tätig und verfolgt mit ihren Einrichtungen und Förderprojekten das Ziel, insbesondere die Politikwissenschaft bei der Lösung praktischer und normativer Probleme der Demokratie zu unterstützen.
Außen- und Sicherheitspolitik
Analyse / Markus Kaim, Ronja Kempin / 2023
Die sicherheitspolitische Autonomie Europas und der hegemoniale Schatten der NATO
Erschienen in: Stefan Hansen, Olha Husieva, Kira Frankenthal (Hrsg.): Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Baden-Baden, Nomos 2023, S. 305-317.
Der russisch-ukrainische Krieg ist zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrags noch nicht beendet, sicher ist aber bereits, dass er viele Verlierer kennen wird – im politischen, militärischen, finanziellen und physischen Sinn. Es wird jedoch auch einige Gewinner geben – die NATO ist einer davon. Das transatlantische Bündnis erlebt derzeit eine gewaltige Renaissance. Denn der Krieg in der Ukraine hat die politische Aufmerksamkeit der europäischen Gesellschaften wie die Washingtons gleichermaßen wieder auf die Grundfragen europäischer Sicherheit gelenkt, wie dies wohl seit den 1990er Jahren nicht mehr der Fall war. Damals leiteten die Vereinigten Staaten (USA) die Osterweiterung der NATO an und führten zwei Kriege auf dem Balkan.
SIRIUS: Analyse / Matthew Kroenig / 20.12.2018
Russlands Nuklearstrategie gegenüber Europa. Wie organisiert man Abschreckung gegen Deeskalation mit nuklearen Schlägen?
Die russische Nuklearstrategie sieht im Fall eines Konflikts mit der NATO einen frühzeitigen Einsatz von Kernwaffen vor. Ziel ist, westliche Regierungen dazu zu zwingen, um Frieden zu ersuchen – anderenfalls würden sie eine katastrophale nukleare Eskalation riskieren. Im Westen ist diese Drohung zwar erkannt, eine klare Abschreckungsstrategie dagegen ist bisher aber nicht formuliert worden. Matthew Kroenig analysiert potenzielle Strategien zur Abschreckung dieser russischen nuklearen „Deeskalationsschläge“. Die NATO müsse Russland davon überzeugen, dass jeder nukleare Schlag nicht zur Deeskalation, sondern zur nuklearen Eskalation führen werde.
Externe Veröffentlichungen
Hans Binnendijk, Daniel S. Hamilton / 02.02.2023
Atlantic Council
Bernd Greiner / 01.02.2023
Blätter für deutsche und internationale Politik
Claudia Major, Göran Swistek / 28.07.2022
Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)