/ 04.08.2016

Nicolas Hénin
Der IS und die Fehler des Westens. Warum wir den Terror militärisch nicht besiegen können. Aus dem Französischen von Sandra Schmidt
Zürich: Orell Füssli Verlag AG 2016; 214 S.; 17,95 €; ISBN 978-3-280-06528-8Der Autor ist der Meinung, dass das syrische Regime den sogenannten Islamischen Staat (IS) hervorgebracht hat, ihn nicht bekämpft und umgekehrt auch nicht vom IS bekämpft wird. Präsident Baschar al‑Assad sei nicht laizistisch, sondern stütze sich durchaus auf pro‑iranische islamische Gelehrte aus dem Libanon. Geschickt habe das Regime dafür gesorgt, dass die Revolution eine islamistische Wende bekommen habe, indem radikale Islamisten von einer „Amnestiemaßnahme“ (33) profitiert hätten. Dabei seien sogar hohe Mitglieder der al‑Nusra‑Front aus der Haft entlassen worden – diese Organisation steht in enger Verbindung mit al‑Kaida. Der Autor zitiert einen syrischen Ex‑Geheimdienstler, der enthüllt habe, dass das Regime den Extremisten gar die „Arbeit erleichtert, indem es ihnen ermöglicht, bewaffnete Brigaden zu bilden“ (34). Folglich sei der syrische Kandidat der „am wenigsten geeignete Kandidat, um gegen den islamischen Staat zu kämpfen.“ (42) Seine Geheimdienste haben dem Autor zufolge zudem keine Informationen über die radikalen Dschihadisten. Dies sei auch leicht zu erklären: Die Dschihadisten hätten sich von den syrischen Kommunikationsnetzen abgekoppelt und „kommunizieren praktisch ausschließlich über das Internet per Satellit.“ (42) Zwar versuche die syrische Regierung, „dank der beträchtlichen Unterstützung durch den Iran“ (61) den Lebensstandard zu halten. Aber die Bevölkerung, die vom Islamischen Staat oder anderen Gruppen kontrolliert werde, leide am meisten unter dem Krieg. Der Autor analysiert den Erfolg der islamistischen Gruppen in Syrien wie folgt: deren militärische Effizienz habe ein gutes Image, sie bewiesen Integrität, was sie populär mache, und sie seien in der Lage, Finanzquellen aufzutun. Seine These ist, dass die Radikalisierung und die Mobilisierung der radikalislamistischen Kräfte nur deswegen so erfolgreich seien, weil der Westen nicht entschieden reagiere. Präsident Obama habe „keine Strategie“ (75) und die europäischen Diplomaten „verstecken sich hinter dem russischen Veto im Sicherheitsrat“ (75). Der Autor ist der Meinung, dass der Islamische Staat sehr geschickt mit den Stämmen umgehe; daher „sollten auch wir bei der Suche nach lokalen Mittlern, die bereit sind, gegen ihn zu kämpfen, eine ähnliche Klugheit walten lassen.“ (82) Abschließend geht der Autor darauf ein, wie die radikalen Kräfte die Flüchtlinge in Europa instrumentalisieren wollen.
{WWH}
Rubrizierung: 4.41 | 2.25 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Nicolas Hénin: Der IS und die Fehler des Westens. Zürich: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39971-der-is-und-die-fehler-des-westens_48250, veröffentlicht am 04.08.2016. Buch-Nr.: 48250 Inhaltsverzeichnis Rezension druckenCC-BY-NC-SA