Skip to main content
/ 03.06.2013
Georg Brunner / Günther H. Tontsch

Der Minderheitenschutz in Ungarn und in Rumänien

Bonn: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen 1995 (Minderheitenschutz im östlichen Europa 4); 233 S.; 28,- DM; ISBN 3-88557-133-1
Die jeweils mit einem knappen historischen Abriß beginnenden Ausführungen von Brunner (zu Ungarn) und Tontsch (zu Rumänien) analysieren im wesentlichen die rechtliche Stellung der Minderheiten nach 1989; politische Aspekte werden nur am Rande behandelt. Auch ohne daß explizit ein Vergleich vorgenommen wird, drängen sich die Unterschiede zwischen den beiden Staaten geradezu auf: Während in Ungarn ein höchst liberales und originelles Konzept des Minderheitenschutzes kodifiziert worden ist, das an einzelnen Stellen geradezu als "eine konzeptionelle Absage an den Nationalstaat" (34) interpretiert werden kann, bleibt der Minderheitenschutz in Rumänien unzureichend. Die Anerkennung der Minderheiten als "staatsbildende Faktoren" in der ungarischen Verfassung, die Kombination von Individual- und Gruppenrechten sowie von Territorial- und Personalautonomie in der Minderheitengesetzgebung und nicht zuletzt die großzügige staatliche Förderung der Minderheiten lassen hoffen, daß das ungarische Modell einmal zu einem Exportschlager avanciert. In Rumänien ist der Minderheitenschutz in der Verfassung lediglich individualrechtlich ausgestaltet, sieht allerdings weitgehende politische Mitwirkungsmöglichkeiten vor. Eine einfachgesetzliche Regelung des Minderheitenschutzes hingegen fehlt bisher, zudem bestehen Defizite im Schul- und Bildungswesen wie bei den gesetzlichen Bestimmungen zum Sprachgebrauch. So offenkundig der Minderheitenschutz in Rumänien hinter dem in Ungarn zurückbleibt, im osteuropäischen Kontext erreicht er ein beachtliches Niveau, womit allerdings noch keine Aussage über die politische Praxis gemacht ist. Im übrigen wird man bedenken müssen, daß Ungarn seit 1918 über eine nur minimale Minderheitenbevölkerung verfügt, während in Rumänien mindestens jeder Zehnte einer Minderheit - zumeist der in Teilen sezessionistisch orientierten ungarischen - angehört. Der Band von Brunner und Tontsch ist auch deswegen verdienstvoll, weil er alle wesentlichen Dokumente zum Minderheitenschutz enthält, die meisten davon erstmals in deutscher Übersetzung.
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 4.422.62 Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Georg Brunner / Günther H. Tontsch: Der Minderheitenschutz in Ungarn und in Rumänien Bonn: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/916-der-minderheitenschutz-in-ungarn-und-in-rumaenien_837, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 837 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
Neueste Beiträge aus
Außen- und Sicherheitspolitik