Die Experten aus Wissenschaft und Praxis der Bertelsmann Stiftung beurteilen die russische Transformationspolitik kritisch. Zur Beschreibung der Situation bemühen sie das Märchenbild vom Riesen und Zwerg: Russland sei territorial und aufgrund seines Rohstoffreichtums, seines Humankapitals und seiner Rolle als globaler Akteur in der Sicherheitspolitik ein Koloss. Doch in der Ausgestaltung dieser Potenziale ähnele das Land eher einem Gnom. So entsprach im Jahr 1999 das russische Bruttoinlandsprodukt (401 Milliarden US-Dollar) in etwa dem der Niederlande (394 Milliarden). Wie ist diesem schwerfälligen oder noch schlafenden Giganten auf die Beine zu helfen? Für die Autorinnen und Autoren ist die Zielsetzung der Transformation eindeutig: „Russland muss kompatibel zu Europa werden, indem es das historische Dilemma einer Gesellschaft als staatliche Veranstaltung überwindet, aus den sowjetischen Großbetrieben der Schwer- und Grundstoffindustrie moderne mittelständische Betriebe und Technologiezentren werden und politische Macht nicht nur formal, sondern auch real über demokratische Verfahren vergeben wird." (21) Auf der Ebene der europäischen Zusammenarbeit bedeutet dies, dass Putins Politik nicht unkritisch unterstützt werden darf. Die Förderung der Mikroebene mit innovativen Unternehmen, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen solle zur Priorität werden. Demokratische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist nur mit gesellschaftlicher Beteiligung zu realisieren. Darin liege der Schlüssel, um dem schwerfälligen Riesen Russland Beine zu machen. Inhalt: Olaf Hillenbrand / Iris Kempe: Einführung: Transformation als Gestaltungsaufgabe (11-24); Hans-Henning Schröder: Auf dem Weg zu einer neuen Ordnung? Der wirtschaftliche, soziale und politische Wandel in Russland von 1992 bis 2002 (25-199); Kirk Mildner: Die Wirtschaftspolitik Putins: Konsequenzen für die westliche Russlandpolitik (201-230); Falk Bomsdorf: Die gesellschaftliche Dimension des russischen Wandels (231-262); Manfred Huterer / Heidi Reisinger: Westliche Russlandpolitik. Ein Schritt vorwärts - zwei Schritte zurück? (263-273); Iris Kempe: Die EU als Modernisierungspartner für Russland (275-303); Hans-Henning Schröder: Chronologie des politischen Wandels in der Sowjetunion und Russland (305-344).