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/ 20.06.2013
Jon A. Fanzun

Die Grenzen der Solidarität. Schweizerische Menschenrechtspolitik im Kalten Krieg. Mit einem Vorwort von Walter Kälin

Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung 2005; XV, 462 S.; geb., 39,- €; ISBN 978-3-03823-178-3
Diss. St. Gallen; Gutachter: J. M. Gabriel, J.-M. Baumer. – Laut der Bundesverfassung von 1999 gehört die Förderung der Menschenrechte auf internationaler Ebene zu den Zielen der schweizerischen Außenpolitik. Damit wird allerdings keine traditionsgemäße Politik fortgesetzt, wie Fanzun in seiner Studie über die Perzeption und das Handeln von Bundesrat, Verwaltung und Parlament in den sechziger und siebziger Jahren nachweist. Jahrzehntelang sei die „fast vollständige Abstinenz von internationalen Menschenrechtsübereinkommen“ (302) vielmehr die größte Schwäche der schweizerischen Menschenrechtspolitik gewesen; die einzige nennenswerte Ausnahme (und keineswegs der Beweis des Gegenteils) sei die Teilnahme am KZSE-Prozess gewesen. Die in der Schweiz der Nachkriegszeit weit verbreitete Abneigung gegen den Multilateralismus im Allgemeinen und die UNO im Besonderen habe sich auf die Wahrnehmung der zunehmenden Internationalisierung der Menschenrechte übertragen, schreibt der Autor. Dies habe daran gelegen, dass die Menschenrechte und die für die Schweiz äußerst symbolträchtige Neutralität auf zwei verschiedenen Völkerrechtssystemen basierten. Und mit dem „quasi absoluten Unabhängigkeits- und Souveränitätsverständnis“ (169), auf dem sich die Außenpolitik der Nachkriegszeit gegründet habe, sei die Idee universell gültiger Menschenrechte konzeptionell nicht zu vereinbaren gewesen. Auf der Grundlage dieses restriktiven Verständnisses der Neutralitätspolitik habe es der Bundesrat abgelehnt, Menschenrechtsverletzungen mit wirtschaftlichen Sanktionen zu beantworten. Das nationale Selbstverständnis der Schweiz, ein Sonderfall und moralisches Vorbild für andere Länder zu sein, rückt Fazun mit seiner Analyse zurecht: Die Schweiz „war nicht nur keine Vorreiterin des internationalen Menschenrechtsschutzes, sie hinkte im Gegenteil wichtigen menschenrechtspolitischen Entwicklungen hinterher“ (4).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.224.422.5 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jon A. Fanzun: Die Grenzen der Solidarität. Zürich: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/24648-die-grenzen-der-solidaritaet_28470, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 28470 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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