/ 22.06.2013
Anna Christmann
Die Grenzen direkter Demokratie. Volksentscheide im Spannungsverhältnis von Demokratie und Rechtsstaat
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Politik und Demokratie in den kleineren Ländern Europas 2); 291 S.; brosch., 49,- €; ISBN 978-3-8329-7337-7Politikwiss. Diss. Bern; Begutachtung: A. Vatter, H. Kriesi. – Seit etwa zwei Jahrzehnten gewinnt die direkte Demokratie weltweit eine immer größere Bedeutung. Im Mittelpunkt von Untersuchungen stehen dabei meist ihre Vorteile, die für eine Ausweitung auf den verschiedenen politischen Ebenen sprechen. Die „Grenzen direkter Demokratie“ werden dabei bedauerlicherweise eher selten betrachtet. Diese Forschungslücke greift die Autorin auf und beschäftigt sich mit Volksentscheiden im Spannungsverhältnis von Demokratie und Rechtsstaat. So sehen sich Staaten mit ausgeprägten direktdemokratischen Elementen regelmäßig mit grundrechtsproblematischen Volksinitiativen (z. B. Einführung der Todesstrafe) konfrontiert. Daher erörtert Christmann die Frage, „wie ein Regierungssystem, das direkte Demokratie vorsieht, hinsichtlich des Verhältnisses von Demokratie und Rechtsstaat ausgestaltet werden kann und welche Konsequenzen dies für politische Prozesse und Politikergebnisse hat“ (24). Mit der rechtsstaatlichen Demokratie und dem demokratischen Rechtsstaat werden zwei politische Systeme unterschieden, „die zwar beide als liberale Demokratien gelten, aber hinsichtlich der wesentlichen Prinzipien Demokratie und Rechtsstaat unterschiedliche Schwerpunkte setzen“ (28). Während bei der rechtsstaatlichen Demokratie das demokratische Prinzip eine größere Bedeutung hat als das rechtsstaatliche, stellt sich die Situation beim demokratischen Rechtsstaat genau entgegengesetzt dar. Ein demokratischer Rechtsstaat sei deshalb besser geeignet, die negativen Auswirkungen direkter Demokratie zu verringern, so Christmann. Für die empirische Überprüfung dieser These werden die Schweiz (rechtsstaatliche Demokratie) und der US-Bundesstaat Kalifornien (demokratischer Rechtsstaat) ausgewählt. Es gelinge dem demokratischen Rechtsstaat besser als der rechtsstaatlichen Demokratie, so das Fazit, die Grundrechte der Menschen zu schützen. Diese Gefährdung sei aber kein Argument gegen jede Form der direkten Demokratie, sondern weise darauf hin, dass ihre Ausgestaltung an die Gegebenheiten im politischen Prozess angepasst werden müsse.
Markus Tausendpfund (MTP)
Dr., Diplom-Sozialwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, FernUniversität in Hagen
Rubrizierung: 2.21 | 2.22 | 2.5 | 2.64
Empfohlene Zitierweise: Markus Tausendpfund, Rezension zu: Anna Christmann: Die Grenzen direkter Demokratie. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35581-die-grenzen-direkter-demokratie_42932, veröffentlicht am 29.11.2012.
Buch-Nr.: 42932
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dr., Diplom-Sozialwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, FernUniversität in Hagen
CC-BY-NC-SA