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/ 18.06.2013
Abdelwahab Meddeb

Die Krankheit des Islam. Aus dem Französischen übersetzt von Beate Thill und Hans Thill

Heidelberg: Wunderhorn 2002; 255 S.; geb., 28,80 €; ISBN 3-88423-201-0
"Wenn der Fanatismus die Krankheit des Katholizismus und der Nazismus die deutsche Krankheit darstellt, dann ist im Fundamentalismus zweifellos die islamische Krankheit zu sehen." (11) Meddeb, in Tunis geboren und heute Hochschullehrer und Herausgeber der interkulturellen Zeitschrift "dédale" in Paris, unterscheidet ganz bewusst nicht zwischen einem guten und einem schlechten Islam. Der Islam stelle kein strukturiertes, zusammenhängendes Ganzes dar, sei aber auch nicht mit seiner Krankheit zu verwechseln. Welcher historische Prozess aber ist dieser Krankheit, dem Hass auf den Westen und den Attentaten des 11. September vorausgegangen? Meddeb geht es erst in zweiter Linie um die Verantwortung des Westens, der dem "Islam die Anerkennung als Repräsentant einer inneren Andersheit" (12) und damit einen gleichberechtigten Auftritt auf der internationalen Bühne verweigere. Der Autor erklärt vor allem die "inneren Gründe" (8) dieser Krankheit, wobei er die Entwicklung des Islam neben die der politischen Philosophie des Westens stellt. Erzählt wird damit auch die Geschichte der westlichen Vorurteile gegenüber dem Islam, die Meddeb mitunter gänzlich ins Reich der Legenden verweist. So sieht er "das Dogma von der Gleichwesentlichkeit des Religiösen und Politischen" (104) als widerlegt an. Das Problem für den Islam und seine Politikfähigkeit sei vielmehr der Fundamentalismus, den das saudische Königshaus mit dem Wahhabismus verbreite. Ohne das Vermögen aus den Ölfeldern wäre der Wahhabismus eine Randerscheinung geblieben. In seiner Vereinfachung des Islams ignoriere er die verschiedenen islamischen Traditionen, die die Problematisierung von gesellschaftlichen Änderungen zuließen und offen für mehrere Antworten waren. Der Islam müsse wieder zu seiner Vielstimmigkeit zurückfinden, so Meddeb. Der Beitrag der USA sollte unter anderem darin bestehen, die privilegierten Verbindungen, von denen das saudische Königshaus profitiere, an "die politische Pflicht zu Freiheit und Demokratie" (244) zu knüpfen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.232.254.222.63 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Abdelwahab Meddeb: Die Krankheit des Islam. Heidelberg: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/17532-die-krankheit-des-islam_20187, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 20187 Rezension drucken
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