/ 21.06.2013

Erik Albrecht
Die Meinungsmacher. Journalistische Kultur und Pressefreiheit in Russland
Köln: Herbert von Halem Verlag 2008 (Journalismus International 1); 121 S.; brosch., 16,- €; ISBN 978-3-938258-78-1Die russische Bürgerrechtlerin Irina Cerbakova wird in dieser Studie mit der Behauptung zitiert, dass der Staat die Pressefreiheit nicht so sehr eingeschränkt habe, eigentlich erschreckend sei die Aufnahme seiner politischen Impulse durch den Journalismus. Angesichts der vielleicht durch den Staat gedeckten Morde an russischen Journalisten wie der Regimekritikerin Anna Politkowskaja, die 2006 erschossen wurde, mag diese Einschätzung etwas überzogen erscheinen. Dennoch ist die Annahme gewisser Wechselwirkungen zwischen journalistischer Kultur und Pressefreiheit nicht ganz unbegründet. Auch der Autor sieht die Ursachen für die Probleme Russlands auf dem Weg zu wirklicher Pressefreiheit nicht allein in der repressiven Haltung des Kremls, sondern auch in der journalistischen Kultur des Landes. Die Makroebene, das russische Mediensystem an sich, bildet deshalb lediglich den Rahmen für einen Forschungsansatz, mit dem die Haltungen einzelner Journalisten herausgearbeitet werden, also die Mikroebene untersucht wird. Der Autor stößt dabei auf zwei Typen von Journalisten. Der erste Typ orientiert sich an einem westlich-liberalen Modell des Journalismus. Eine Kommunikation mit dem Rezipienten erfolgt auf Augenhöhe. Objektive Berichterstattung hat daher höchste Priorität, Nachricht und Meinung werden im Arbeitsalltag getrennt. Dieser Typ steht der Macht der Medien als einem Instrument der politischen Steuerung kritisch gegenüber. Der zweite ist noch stark in der Tradition der russischen Intelligenzija verhaftet, er fühlt sich dazu verpflichtet, seinen Rezipienten Orientierung zu geben, und hält daher auch die Vermischung von Fakten und Meinungen für zulässig. Der restriktiven Medienpolitik des Kremls steht er unkritisch bis wohlwollend gegenüber. Allerdings existieren diese beiden Typen des Journalisten nicht nur parallel, sondern auch als Hybride – und diese werden nach Ansicht des Autors das zukünftige Bild des russischen Journalismus prägen.
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 2.62 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Marinke Gindullis, Rezension zu: Erik Albrecht: Die Meinungsmacher. Köln: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/29319-die-meinungsmacher_34682, veröffentlicht am 02.09.2008.
Buch-Nr.: 34682
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