/ 17.06.2013
Dimitri Wolkogonow
Die sieben Führer. Übersetzt von Udo Rennert, Bernd Rulkötter und Ilse Strasmann. Mit einer Nachbemerkung von Markus Wehner
Frankfurt a. M.: Societätsverlag 2001; XVIII, 572 S.; geb., 39,88 €; ISBN 3-7973-0774-8Der Autor vermag aus einer zeitlichen Nähe die Porträts der sieben Kremlherren der Sowjetunion zu zeichnen. Sechs von ihnen - Stalin, Chruschtschow, Breschnew, Andropow, Tschernenko und Gorbatschow - hat der 1928 in Ostsibirien geborene Wolkogonow erlebt. Im Alter von 17 Jahren trat er der Roten Armee bei; 1961 begann er ein Studium an der Lenin-Militärakademie in Moskau und wechselte 1971 in die Abteilung für militärische Propaganda. Vermutlich war es die in den 70er-Jahren begonnene Beschäftigung mit den Biographien Lenins und Stalins, die dazu beitrug, Wolkogonow von der "Schimäre der bolschewistischen Ideologie" zu befreien. So räumt der Autor ein, dass "das einzig Wichtige, was [er] in [seinem] Leben erreicht habe, der Bruch mit der Überzeugung [gewesen sei], an der [er] so lange festgehalten" (XVII) habe. Vonseiten russischer Historiker wurde ihm allerdings der Vorwurf gemacht, seine Stellung als Leiter des Instituts für Militärgeschichte seit 1985 vor allem zu eigenen Zweicken genutzt zu haben. Auch wenn Wolkogonow die Freigabe von Staats- und Parteidokumenten Anfang der 90er-Jahre aktiv unterstützte, so war doch er der Erste, der sich an die Auswertung zahlreicher Geheimdokumente machen konnte.
Diese kurze Skizze zum Autor ist angesichts der Tatsache notwendig, dass Wolkogonow eine Geschichtsschreibung "mit Herzblut" pflegt. Bei Lenin und Stalin erkennt er einzig das Streben nach totaler Macht als Triebfeder ihres Handelns an. Während Lenin intellektuell dem Georgier überlegen war, übertraf der Schüler seinen Lehrmeister an menschenverachtender Grausamkeit. Wolkogonow erkennt nur geringe Unterschiede zwischen den Nachfolgern Stalins, das politische System der UdSSR zu reformieren, stellte doch keiner unter ihnen dieses prinzipiell infrage. Während Breschnew, Andropow und Tschernenko jeweils zu Sachwaltern eines Status quo wurden, mussten Chruschtschow und vor allem Gorbatschow - als "der beste unter den sieben Sowjetführern" (527) - an dieser Aufgabe scheitern. Wolkogonow verstarb kurz nach Beendigung der russischen Originalausgabe im Jahre 1995. Wehner ergänzte die deutsche Ausgabe um eine Nachbemerkung zu den beiden neuen Führern des post-sowjetischen Russland: Jelzin und Putin.
Stefan Gänzle (GÄ)
Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.62
Empfohlene Zitierweise: Stefan Gänzle, Rezension zu: Dimitri Wolkogonow: Die sieben Führer. Frankfurt a. M.: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/15290-die-sieben-fuehrer_17394, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 17394
Rezension drucken
Politikwissenschaftler.
CC-BY-NC-SA