/ 05.06.2013
Svenja Falk
Dimensionen kurdischer Ethnizität und Politisierung. Eine Fallstudie ethnischer Gruppenbildung in der Bundesrepublik Deutschland
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1998 (Nomos Universitätsschriften: Politik 72); 246 S.; brosch., 79,- DM; ISBN 3-7890-5377-5Diss. Gießen; Gutachter: C. Leggewie. - Seit Abschluß des Abkommens zur Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zwischen der Bundesrepublik und der Türkei im Jahr 1961 kamen etliche Staatsbürger der Türkei nach Deutschland, darunter auch Kurden. Doch bis in die achtziger Jahre waren es nur wenige der Immigranten, die sich das "Ethnonym 'Kurde'" zuschrieben. Auch in der deutschen Praxis und im deutschen Bewußtsein wurden - teilweise bis heute - Kurden Türken gleichgesetzt (immer wieder beliebt ist der Vergleich mit den Holsteinern und den Bayern). Das hat sich inzwischen erheblich geändert: Es ist deutlich geworden, daß "Kurden eine von Türken distinkte Identität bilden". "Dieses ethnic revival im Immigrationsland" ist das Thema der Studie, in der Falk der Frage nachgeht, "ob es sich um den 'Import eines Bürgerkriegs' aus der Türkei handelt, der als Vorbote eines 'multikulturellen Bürgerkriegs' in der Bundesrepublik anzusehen ist, oder um Differenzierungsprozesse innerhalb der Gruppe der Einwanderer" (15). Dazu richtet die Autorin ihr Interesse auf die Zielorientierungen und Selbstverständnisse der kurdischen Organisationen im Einwanderungsland sowie deren Rolle im Politikfeld Minderheitenpolitik. Sie fragt nach der "Bedeutung von Ethnizität als gemeinschaftskonstituierendes Phänomen und von ethnischen Konfliktlinien als Modus sozialer Grenzziehung in Gruppenbildungsprozessen von Migranten im Immigrationsland Bundesrepublik", der "Bedeutung ethnischer Gruppenbildung für Akkulturationsprozesse von Einwanderern und ihren Nachkommen" sowie der "Genealogie des türkisch-kurdischen Konflikts in der Türkei und in der Bundesrepublik" (15 f.). Im Anhang befindet sich auf über 20 Seiten eine bis Ende 1996 reichende "Kommentierte Chronologie", die wichtige Daten der kurdischen Geschichte, des kurdischen Nationalismus und der kurdischen Bewegung in Deutschland umfaßt. (Zur Thematik siehe auch die Rezension von Thomas Brieden: Konfliktimport durch Immigration, Hamburg 1996, in diesem Heft: 342 f.)
Inhaltsübersicht: II. Der Begriff der ethnischen Minderheit; III. Askriptive und konstruktivistische Begriffe von Ethnizität; IV. Synthesenversuche; V. Die bundesdeutsche Diskussion; VI. Ethnizität als Rekonstruktion aus dem kollektiven Gruppengedächtnis; VII. Pathologie eines interethnischen Konflikts; VIII. Wer ist ein Kurde?; IX. Exkurs: Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland; X. I'm a Kurd and I'm proud - Revitalisierung kurdischer Ethnizität - Konfliktszenarien; XI. Die kurdischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland; XII. Selbstorganisation der kurdischen Minderheit; XIII. Typologie des kurdischen Nationalismus in Deutschland; XIV. Ethnizität, Akkulturation und die bundesdeutsche "Ausländerpolitik". Zusammenfassung und Ausblick.
Detlef Lemke (Le)
Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.35 | 2.63 | 4.42
Empfohlene Zitierweise: Detlef Lemke, Rezension zu: Svenja Falk: Dimensionen kurdischer Ethnizität und Politisierung. Baden-Baden: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/6845-dimensionen-kurdischer-ethnizitaet-und-politisierung_9191, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 9191
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Dipl.-Politologe.
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