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/ 03.11.2016
Roland Hiemann

Diplomatie oder Daumenschrauben? Die Strategien der USA gegen ein nukleares Nordkorea

Stuttgart: ibidem-Verlag 2015 (Göttinger junge Forschung 25); 661 S.; 69,90 €; ISBN 978-3-8382-0827-5
Diss. Göttingen; Begutachtung: B. Tibi, F. Walter. – Deutschsprachige Forschungsliteratur zur US‑amerikanischen Außenpolitik gibt es zuhauf; Einzeldarstellungen beziehen sich aber meist auf die Politik gegenüber europäischen Ländern oder China, Japan oder vielleicht den Iran. Die US‑Außenpolitik gegenüber Nordkorea wird von deutschen Autoren nur selten in den Mittelpunkt gerückt. Dennoch spielt die US‑Strategie im schwelenden Konflikt über die Atombewaffnung Nordkoreas seit jeher eine wichtige Rolle. Diese zeichnet Roland Hiemann in seiner mehr als 600 Seiten umfassenden Untersuchung nach. Exemplarisch beschreibt er anhand dreier Autoren die Denkschulen (Falken, Eulen und Tauben) und zeigt anhand der US‑Administrationen ab Bush Sr., wie sich die amerikanische Nichtverbreitungsstrategie im Kontext dieser Denkrichtungen manifestiert. Deutlich wird, dass in US‑Regierungskreisen zwar Einigkeit über das Ziel eines atomwaffenfreien Nordkoreas herrscht, der richtige Weg dahin aber strittig ist: Druck durch Sanktionen oder Androhung eines mit militärischer Gewalt herbeigeführten ‚regime change’? Oder: Verhandlungsofferten und positive Anreize? Hiemann stellt Kontinuitäten und Umschwünge in der Strategie der USA heraus. Während er Bush Sr. das Bestreben bescheinigt, sich einer aktiven Rolle weitgehend zu entziehen – aufgrund anderer Prioritäten wie dem Irakkrieg 1990/91 – und ansonsten eine „Strategie der vollständigen Eindämmung“ (158) zu verfolgen, sei diese Strategie bei Clinton nur bis zum Genfer Rahmenabkommen 1994 vorherrschend gewesen; danach folgte eine „mit positiven Anreizen verbundene Einbindungsstrategie“ (267). Den Schwerpunkt bilden aber die acht Jahre Regierungszeit von Bush Jr.: Dessen erste Amtszeit präge eine „strategische Ambivalenz“, hervorgerufen durch die „tiefgreifende ideologische wie institutionell‑bürokratische Lagerspaltung“ (427) zwischen Hardlinern und Realisten, die erst ab 2007 durch eine veränderte Zuständigkeitsverteilung abgelöst wurde. Hiemann schreibt allgemein verständlich und teilweise journalistisch locker. Seine Analyse ist nicht über‑theoretisiert, sondern bleibt nah an den Akteuren. Das liegt sicher auch an seinem Quellenmaterial, das neben zahlreichen Strategiepapieren von Thinktanks, Kongressanhörungen und Pressekonferenzen auch mehrere Hintergrundinterviews aus dem Jahr 2007, unter anderem mit dem früheren Nordkorea‑Beauftragten der Regierung Clinton sowie einem ehemaligen Stabschef Colin Powells im State Department, umfasst.
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Rubrizierung: 4.222.642.68 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Roland Hiemann: Diplomatie oder Daumenschrauben? Stuttgart: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/40141-diplomatie-oder-daumenschrauben_47834, veröffentlicht am 03.11.2016. Buch-Nr.: 47834 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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