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/ 11.06.2013
Michael Staack

Handelsstaat Deutschland. Deutsche Außenpolitik in einem neuen internationalen System

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2000; 560 S.; 128,- DM; ISBN 3-506-78625-3
Habilitationsschrift FU Berlin. - Der Autor untersucht die Außenpolitik der Bundesrepublik nach der Vereinigung und die Wirkung der Verschiebungen im internationalen System nach 1989/90 auf ihr außenpolitisches Verhalten. Seine Hypothese lautet, dass auch die "neue" Bundesrepublik unter außenpolitischen Aspekten zu einem Typus von Staaten gehören wird, für die Richard Rosecrance 1986 den Begriff des "Handelsstaates" in die politikwissenschaftliche Diskussion eingeführt hat. Dieser sei durch drei Grundorientierungen geprägt, nämlich durch die Bereitschaft zum Autonomieverzicht durch Multilateralismus, Integration und Kooperation; durch den regelmäßigen Primat der Zielsetzung "Wohlfahrtsoptimierung" gegenüber anderen Politikzielen und durch eine Präferenz für zivile Strategien und Instrumente bei der Verfolgung seiner Interessen in der internationalen Umwelt. Allerdings werde diese Kontinuität an zwei wichtigen Punkten modifiziert: Zum Ersten habe die Bundesrepublik ihre Einstellung zum Einsatz militärischer Instrumente im Rahmen internationaler Organisationen verändert - eine Verschiebung, die aber nicht mit einer Militarisierung deutscher Außenpolitik gleichgesetzt werden dürfe. Zum Zweiten zeichne sich ab, dass die Bundesrepublik ihre spezifischen Interessen stärker, häufiger und offener durchzusetzen suche, vor allem innerhalb der Europäischen Union. Ob die außenpolitischen Eliten der Bundesrepublik aber tatsächlich an der skizzierten Grundorientierung des Handelsstaates festhalten, hängt für Staack vor allem von zwei Faktoren ab, nämlich einerseits von der Beibehaltung des existierenden innerpolitischen Konsenses betreff der außenpolitischen Grundorientierung der Bundesrepublik und andererseits von der Aufrechterhaltung der Integrations- und Kooperationsbereitschaft der deutschen Partner im internationalen System. Inhaltsübersicht: I. Deutschland - Ein Handelsstaat: 1. Eine neue Grundorientierung in der Außenpolitik? Problemaufriß, Erkenntnisinteresse und Hypothesen; 2. Zum Stand der Forschung; 3. Die neue Welt der "Handelsstaaten"; 4. Die Bundesrepublik als Handelsstaat. II. Eine Antwort auf Gorbatschow: Ostpolitik, transatlantische Beziehungen und das Ende des Ost-West-Konflikts: 1. Das Scheitern der Entspannungspolitik und die Anpassungskrise der bundesdeutschen Außenpolitik; 2. Ostpolitik im Windschatten der Weltmächte: Die Bundesrepublik und die neue Ost-West-Entspannung; 3. Technologie- oder Strategiepolitik? Der Konflikt über SDI; 4. Die Anfänge des "Genscherismus"; 5. Abkopplung oder Abrüstung? Die Entscheidung für die "doppelte Null-Lösung"; 6. Moskau und Bonn: Ende der Isolierung; 7. Koalitionskonflikt und Bündniskrise: Die SNF-Kontroverse; 8. Vor dem Umbruch: Führungsanspruch und privilegierte Kooperation; 9. Das Ende der Nachkriegsordnung; 10. Das Ende der Ostpolitik: Ein überraschender Erfolg? III. Souverän zur Selbsteinbindung: Der Weg zur Vereinigung: 1. Die Rückkehr des Deutschland-Problems; 2. Die Standpunkte der westlichen Mächte; 3. Die Akteure in Deutschland: Einstellungsmuster der öffentlichen Meinung und der Parteien; 4. Kurswechsel in Bonn: Einheit statt Annäherung; 5. Gleichberechtigung oder Kontrolle? Weichenstellung für 2+4; 6. Der 2+4-Modus entsteht; 7. Klärungen; 8. Ausgangspositionen; 9. Deutschlands sicherheitspolitischer Status; 10. Souveränität für Deutschland. IV. Über Maastricht zum "Europäischen Deutschland"? 1. Ein gemeinsamer Markt ohne gemeinsame Wirtschafts- und Währungspolitik?; 2. Westeuropäische Integration und deutsche Einheit; 3. Auf dem Weg zur Europäischen Union; 4. Bundesstaat oder "Europa der Nationen"?; 5. Grenzen und Perspektiven der deutschen Integrationspolitik. V. Internationale Verantwortung: Die Debatte über Deutschlands sicherheitspolitische Rolle: 1. Außenpolitik Kursbestimmung: "Politik des guten Beispiels"?; 2. Rollenwechsel ohne Schonfrist: Deutschland und der Golf-Konflikt; 3. Bundeswehreinsätze "Out of Area": Die verfassungsrechtliche und politische Ausgangslage; 4. Die Erschöpfung des "Genscherismus": Innenpolitische Blockade und außenpolitische Krisen; 5. Die Umstellung der Bundeswehr auf neue Aufgaben; 6. Politik der vollendeten Tatsachen; 7. Aufhebung der Selbstblockade: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr; 8. Gesamteuropäischer Perspektivwechsel: Deutschland und die Osterweiterung der NATO; 9. Welche sicherheitspolitische Rolle? VI. Die Zukunft des Handelstaates: 1. Die Bewährungsprobe der Sicherheitsgemeinschaften; 2. Anpassung der Grundorientierungen; 3. Einflußfaktoren; 4. Perspektiven.
Markus Kaim (MK)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
Rubrizierung: 4.214.414.224.433.13.74.3 Empfohlene Zitierweise: Markus Kaim, Rezension zu: Michael Staack: Handelsstaat Deutschland. Paderborn u. a.: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/12121-handelsstaat-deutschland_14473, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14473 Rezension drucken
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