/ 31.05.2013
Winand Gellner
Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit. Think Tanks in den USA und in Deutschland
Opladen: Westdeutscher Verlag 1995 (Studien zur Sozialwissenschaft 157); 276 S.; kart., 52,- DM; ISBN 3-531-12721-7Politikwiss. Habilschrift Trier; Erstgutachter: E. Faul. - Behandelt werden insgesamt mehr als 50 "Ideenagenturen" in den USA und in Deutschland sowie in einem Exkurs einige der wichtigsten deutschen Meinungsforschungsinstitute. Gellner differenziert zwischen Universitäten ohne Studenten (z. B. Brookings Institution, IFO-Institut), interessenorientierten (Heritage Foundation, Öko-Institut) und interessengebundenen Ideenagenturen (Free Congress Foundation, Forschungsinstitute der deutschen Stiftungen). Im Mittelpunkt des systematischen Vergleichs stehen Fragen nach den Funktionen dieser Institutionen im politischen Prozeß, nach Strategien, Handlungsoptionen, Finanzierung und Arbeitsbedingungen. Durch eine empirische Untersuchung sollte darüberhinaus geklärt werden, ob und in welcher Form sich auch in der Bundesrepublik ein - der Situation in den USA entsprechender - "Markt" entwickeln könnte. Dazu wurden die Mitglieder des 12. Deutschen Bundestages zu ihrem Informations- und Nutzungsverhalten im Hinblick auf die "Produkte" von deutschen Ideenagenturen befragt.
Das zentrale Argument lautet, daß die institutionell unterschiedlichen, aber funktional durchaus äquivalenten Think Tanks und Ideenagenturen im Rahmen von "advocacy coalitions" (Tendenzkoalitionen) inzwischen in beiden Ländern eine bedeutsame Vermittlungsposition zwischen Politik und Öffentlichkeit wahrnehmen. In den beiden immer komplexer und unübersichtlicher werdenden Gesellschaften wachse ein Bedarf nach verläßlichen Orientierungen, die mit überzeugenden wissenschaftlichen Argumenten belegt werden könnten. In Deutschland allerdings gebe es noch keinen vergleichbar ausdifferenzierten Markt von Ideenagenturen wie in den USA. Dazu fehle es an ausgefeilten Marketingstrategien und dynamischen internen Handlungsabläufen. Allerdings lasse sich auch hier die Tendenz feststellen, daß die Schwäche der Parteien bei der Ideenproduktion und beim Ideen- und Elitentransfer eine Lücke hinterlasse, in die Ideenagenturen stoßen könnten. Auch die Amerikanisierung des bundesdeutschen Mediensystems spreche dafür, daß die Nachfrage nach den "Produkten" der Ideenagenturen ansteige.
Inhaltsübersicht: I. Zur Rolle von Ideenagenturen - eine erste Annäherung; II. Ideenagenturen und Tendenzkoalitionen in den USA und in der Bundesrepublik - Fragen und Thesen; III. Politische Rahmenbedingungen in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland; IV. Ideenagenturen in den USA; V. Ideenagenturen in der Bundesrepublik Deutschland; VI. Abgeordnete, Chefredakteure und Ideenagenturen - eine empirische Untersuchung; VII. K(Ein) Vergleich.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.22 | 2.64 | 2.24 | 2.333
Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Winand Gellner: Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit. Opladen: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/552-ideenagenturen-fuer-politik-und-oeffentlichkeit_342, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 342
Rezension drucken
M. A., Politikwissenschaftler.
CC-BY-NC-SA