Ausgehend von einer kritischen Kommentierung der einschlägigen westlichen Literatur zum Verhältnis von Islam und Menschenrechten, der er ein "zu enges Islambild" und mangelnde Auseinandersetzung mit "der Vielfalt der im Islam vertretenen Positionen" (35) vorwirft, setzt sich der Verfasser mit der Frage auseinander, inwieweit die islamischen Rechtsquellen mit der (westlichen) Menschenrechtsidee kompatibel sind. Gegenstand der Untersuchung sind freilich nicht die Rechtsquellen und -prinzipien selbst (Koran, sunna etc.), sondern ihre Interpretation im zeitgenössischen (sunnitischen) Islam. Müller unterscheidet dabei mit dem islamistischen Islam, dem islamischen Säkularismus und dem modernistischen Islam drei in sich wiederum heterogene Denkrichtungen. Wenig überraschend gelangt er - auf der Basis einer sorgfältigen Analyse kenntnisreich ausgewählter Quellen - zu der Einschätzung, daß die traditionalistische und litteralistische Koran- und sunna-Exegese der Islamisten mit dem westlichen Menschenrechtsverständnis weitgehend unvereinbar ist. Entgegen gängigen Vorstellungen in der nicht-islamischen Welt - und Teilen der hiesigen Fachwelt - bezeuge jedoch die Rezeption islamischer Quellentexte durch die Säkularisten und auch durch die Modernisten, daß eine menschenrechtsfreundliche Lesart nicht nur möglich sei, sondern auch erhebliche Plausibilität beanspruchen könne. Das grundsätzliche Problem, daß ein menschenrechtskompatibles Verständnis des Islam gerade in der arabischen Welt weiterhin nur eine vergleichsweise begrenzte Gefolgschaft hat, wird von Müller deutlich benannt, die teils politischen Ursachen liegen jedoch jenseits des Erkenntnisinteresses seiner juristischen Dissertation.