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Rezension / 05.07.2017

Stefan Hansen / Joachim Krause (Hrsg.): Jahrbuch Terrorismus 2015/2016. Im Fokus: Islamischer Staat und rechte Radikalisierung in Osteuropa

Herausgegeben vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel gGmbH (ISPK). Opladen u. a., Verlag Barbara Budrich 2017 (Jahrbuch Terrorismus 7)

Der Islamische Staat (IS) steht im Mittelpunkt zahlreicher Beiträge dieser Ausgabe des Jahrbuches Terrorismus, das das Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK) herausgibt. Skizziert wird nicht nur die Entwicklung des IS einschließlich der versuchten Staatsgründung, sondern auch die Präsenz und Relevanz apokalyptischer Vorstellungen in dessen Ideologie, die von einem Großteil seiner Anhängerschaft tatsächlich geglaubt wird. Weitere Beiträge sind rechtsextremistischen Phänomenen wie dem „Lone Wolf“ sowie der gegenwärtigen rechten Radikalisierung in Osteuropa gewidmet.

Wenig überraschend steht der sogenannte Islamische Staat (IS) im Mittelpunkt zahlreicher Beiträge dieser Ausgabe des Jahrbuches Terrorismus, das das Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK) herausgibt. Im einleitenden Beitrag wird die Entwicklung des IS anschaulich skizziert und manche der Nachrichten der zurückliegenden Jahre wieder in Erinnerung gerufen: Nach dem Bruch mit Al-Kaida, mit dem er ideologisch prinzipiell übereinstimmt, versuchte der IS, ein Staatsgründungsprojekt direkt und unmittelbar anzugehen. Dies schien auch zunächst ein erfolgversprechender Weg, gelang es doch dem IS in rascher Folge, zahlreiche Städte im Irak und in Syrien unter seine Kontrolle zu bringen und damit eine kaum zu stoppende, beachtliche internationale Freiwilligenmobilisierung auszulösen.

Im Jahrbuch findet sich eine Reihe von Beiträgen, die den einzelnen Aspekten der bewaffneten Auseinandersetzungen mit dem IS gewidmet sind. So stellt Pascal Andresen die Rolle und Bedeutung christlicher Milizen in Syrien vor, während Michael Rohschürmann die unterschiedlichen Interessen der im Irak agierenden Akteure aufzeigt. Er prognostiziert, dass auch mit einer militärischen Niederlage des IS allein weder der Irak militärisch befriedet noch der IS als Terrorstruktur mit internationalem Unterstützerumfeld beseitigt oder handlungsunfähig sein werden.

Besonders hervorzuheben ist auch der Beitrag von Müzehher Selcuk, sie nimmt die komplizierte(n) Bündniskonstellation(en), innerhalb derer die syrischen Kurden gegen den IS kämpfen, in den Blick. Curti Covi verdeutlicht die Präsenz und Relevanz apokalyptischer beziehungsweise millenaristischer Vorstellungen in der Ideologie des IS, die von einem Großteil seiner Anhängerschaft auch tatsächlich geglaubt wird. Covi erläutert, dass gerade die aktuelle, „durch den IS geprägte dritte Dschihad-Generation sich noch mehr als bisher auf einer irrationalen Ebene situiert, in der der Heilige Krieg [...] zum Selbstzweck im Kampf gegen alles ‚Ungläubige‘ wird“. Dieser Krieg finde in Erwartung der Apokalypse und dem folgenden Sieg des Islams statt. „Die frappierende Distanz zum posthistorischen, postheroischen Denken in westlichen Gesellschaften macht es“, so Covi, „deshalb so schwer, dieses Phänomen auf akkurate Weise zu erfassen und zu verstehen. Unsere Gesellschaften leben in der Geschichte; die Dschihadisten leben in der millenaristischen Apokalypse.“ (75)

Es finden sich weitere Beiträge zum Komplex islamistischer Terrorismus, so etwa zum IS in Libyen (Marie-Theres Beumler), zur Lage im Jemen und der dort recht erfolgreichen Struktur Al Quaida on the Arabian Peninsular (AQAP) (Thomas Müller) oder zum Beispiel zum islamistischen Terrorismus in Ostafrika. Es ist zu befürchten, dass der Terror nicht hauptsächlich auf Somalia und Kenia beschränkt bleibt, sondern, wie Kai Strell bilanziert, sich auch Tansania zunehmend „zu einem weiteren ‚Hot-Spot‘ entwickeln könnte“ (283).

In weiteren Beiträgen des Sammelbandes geht es unter anderem um Fragen des Rechtsterrorismus. Armin Pfahl-Traughber beleuchtet in einer vergleichenden Betrachtung anhand skandinavischer Beispiele das „Lone-Wolf“-Phänomen im Rechtsterrorismus und Miroslav Mareš betrachtet die gegenwärtige extrem rechte Radikalisierung in Osteuropa. Die militante rechtsextreme Szene befinde sich in einigen Staaten im Zeichen verschiedener Krisenerscheinungen deutlich im Aufwind, so vor allem in der Ukraine, aber auch in anderen Ländern. Die „größte und unmittelbarste Gefahr“, so der Autor, liege aktuell „in der steigenden gesellschaftlichen Akzeptanz der alltäglichen Bedrohung von Andersdenkenden, in der Normalisierung einer Existenz nichtstaatlicher paramilitärischer und vigilantischer Gruppierungen sowie in der schrittweisen Verflechtung von Teilen der Staatsmacht mit rechtsextremistischen Strukturen“ (94). Fazit: Auch der aktuelle Band des Jahrbuches Terrorismus besticht wieder durch seine Fülle an differenzierten Analysen und Beschreibungen zeitgenössischer Terrorismusphänomene.

 

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