/ 18.06.2013
Manfred Spieker (Hrsg.)
Katholische Kirche und Zivilgesellschaft in Osteuropa. Postkommunistische Transformationsprozesse in Polen, Tschechien, der Slowakei und Litauen
Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2003 (Politik- und Kommunikationswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft 22); 462 S.; kart., 58,- €; ISBN 3-506-76831-XDas Buch ist ein Ergebnis des Forschungsprojektes „Die Kirchen in den postkommunistischen Transformationsprozessen" an der Universität Osnabrück. In Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Litauen wurde der Beitrag der katholischen Kirche zur Bildung zivilgesellschaftlicher Strukturen ebenso untersucht, wie die Anpassungsprozesse innerhalb der Kirche an die neuen Bedingungen. War die katholische Kirche aus Überlebensgründen „in allen Transferländern vor der Wende eine Kirche des Klerus und des Episkopats" (23), so gilt es nun, die Laien zu aktivieren und den Dialog mit der Gesellschaft aufzunehmen. Dies gelang in den Neunzigerjahren in sehr unterschiedlichem Maße. Sehr verschieden sind die Voraussetzungen und das gesellschaftliche Umfeld in den vier Staaten, wie die ausführliche Statistik jeweils im ersten Kapitel zeigt. In Polen beanspruchte die katholische Kirche zunächst weiter „die Rolle des alleinigen moralischen Führers" [...], der „über politische Themen direkt mit der Regierung verhandelte, ohne dabei die nach der Wende errichteten demokratischen Strukturen zu beachten" (127). Nach einer Suche von fünf Jahren hat die Kirche in der neuen Demokratie ihren Platz gefunden. Seitdem wächst nach den Umfragen auch wieder ihre Glaubwürdigkeit und die Bereitschaft, sie zu unterstützen. In Tschechien hatte und hat die katholische Kirche dagegen Mühe, das von den Kommunisten erzwungene Ghetto zu verlassen. Ihr fehlen dazu die nötigen finanziellen Mittel und entsprechend ausgebildetes Personal. Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist - anders als in Polen - in der Tschechischen Republik nach wie vor ungeklärt, was in der pastoralen Tätigkeit eine Vielzahl von Problemen aufwirft. Die Autoren zeichnen ein differenziertes Bild, sowohl vom Standort der katholischen Kirche in Staat und Gesellschaft der jeweiligen Länder als auch von den verschiedenen Strömungen innerhalb der Kirche. Dies ist auch deshalb verdienstvoll, weil das Bild der Kirche in diesen Ländern in Deutschland vor allem von prowestlichen, eher liberalen Vertretern geprägt wird und deshalb die Breite des Spektrums nicht immer deutlich wird.
Aus dem Inhalt:
Manfred Spieker:
Das Forschungsprojekt „Die Kirchen in den postkommunistischen Transformationsprozessen" (19-33)
Stanislaw Jopek:
Polen: I. Die Lage der katholischen Kirche in Polen
II. Transformationsprozesse in der polnischen Kirche
III. Probleme und Hindernisse in den Transformationsprozessen (37-143)
Petr Krizek:
Tschechische Republik (147-241)
Luba Žaloudková:
Slowakei (245-311)
Andrius Navickas:
Litauen (315-366)
Dirk Lenschen:
Kirche und Zivilgesellschaft in Polen (369-450)
Henry Krause (HK)
Dipl.-Politologe, Referatsleiter, Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden.
Rubrizierung: 2.62 | 2.23 | 2.2
Empfohlene Zitierweise: Henry Krause, Rezension zu: Manfred Spieker (Hrsg.): Katholische Kirche und Zivilgesellschaft in Osteuropa. Paderborn u. a.: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/19030-katholische-kirche-und-zivilgesellschaft-in-osteuropa_22095, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 22095
Rezension drucken
Dipl.-Politologe, Referatsleiter, Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden.
CC-BY-NC-SA