Skip to main content
/ 04.02.2016
Gesine Drews-Sylla / Renata Makarska (Hrsg.)

Neue alte Rassismen? Differenz und Exklusion in Europa nach 1989

Bielefeld: transcript Verlag 2015 (Kultur und soziale Praxis); 330 S.; kart., 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2364-2
Lange Zeit war in west‑ wie osteuropäischen Gesellschaften die Vorstellung prägend, sich vom Rassismus befreit zu haben. „Das Problem Rassismus wurde entweder in der Vergangenheit bzw. außerhalb der eigenen Gesellschaft […] verortet.“ Genau darin sehen die Herausgeberinnen „eines der Grundprobleme rassistischen Denkens“. Erst in den 1990er‑Jahren, als Europa verstärkt und immer wieder von Rassismus betroffen war, setzte sich die Erkenntnis durch, dass dieser in einer Vielzahl von neuen, sich teils überlagernden Erscheinungsformen präsent ist, in denen „die altbekannten rassistischen Motivationen und Mechanismen stecken“ (8). Zudem bringe jede Form von Rassismus – ganz gleich ob in struktureller, nationaler, sozialer, kultureller oder alltäglicher Prägung – ihren eigenen Anti‑Rassismus hervor. Diese Komplexität und Dynamik sowie die damit verbundenen Veränderungen in der Forschung wie in der politischen Auseinandersetzung spiegeln sich in diesem Band insofern wider, als die Autor_innen von einem „pluralen und komplexen Rassismusbegriff“ (17) ausgehen. Einig sind sie sich zudem darin, die Rassismen gleichermaßen in Ost‑ wie in Westeuropa in der Mitte der Gesellschaft zu verorten. Einen ersten Aufriss dazu bietet Josef Held mit einer vergleichenden Betrachtung von Rassismuserscheinungen in Lettland, Kroatien, den Niederlanden und Deutschland. Danach variieren die Ausprägungen und Zugänge zu Rassismus und Ausgrenzung in den vier Ländern deutlich. Gemeinsam ist ihnen eine „starke nationalistische Komponente, d. h. es geht und ging nicht um den Kampf der Kulturen, sondern primär um die Bedeutung der Nation in der Globalisierung“ (42). In den weiteren Beiträgen werden entweder rassistische Strukturen allgemein in einzelnen Ländern – etwa der völkische Nationalismus in Ungarn oder der Umgang mit Minderheiten in Polen – aufgezeigt, bestimmte Ausprägungen wie Islamismus und Homophobie untersucht oder rassistische Mechanismen in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen wie Medien und Literatur erörtert. Insgesamt dokumentieren diese Analysen eine enorme Wandlungs‑ und Anpassungsfähigkeit des Rassismus, auf die die Rassismusprävention, die in drei abschließenden Beiträgen berücksichtigt wird, angemessene Antworten finden muss. Als Ansatz einer „Rassismus‑Prophylaxe“ (302) stellt Stephan Schlensog das von Hans Küng begründete Weltethos‑Projekt vor und Manuela Ritz lädt mit einem originellen Beitrag zu einem fiktiven Anti‑Rassismus‑Workshop ein, an dem die Leser_innen aktiv teilnehmen und ihre Phantasie spielen lassen können.
{AR}
Rubrizierung: 2.232.612.252.622.222.64 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Gesine Drews-Sylla / Renata Makarska (Hrsg.): Neue alte Rassismen? Bielefeld: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39346-neue-alte-rassismen_47530, veröffentlicht am 04.02.2016. Buch-Nr.: 47530 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA
Neueste Beiträge aus
Außen- und Sicherheitspolitik