/ 17.06.2013
Rainer Deppe / Melanie Tatur
Rekonstitution und Marginalisierung. Transformationsprozesse und Gewerkschaften in Polen und Ungarn
Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2002 (Studienreihe des Instituts für Sozialforschung); 360 S.; kart., 39,90 €; ISBN 3-593-37009-3Dass sich die industriellen Beziehungen in Osteuropa sehr beschwerlich und mit unterschiedlicher Intensität formieren, kontrastieren Deppe und Tatur an der Entwicklung der Gewerkschaften in den Transformationsländern Polen und Ungarn. Angesichts der Privatisierung der Staatsbetriebe, massiver Beschäftigungseinbrüche und nur einer geringen Zahl von verhandlungsfähigen Arbeitgeberverbänden ist in beiden Staaten "die Repräsentativität der Gewerkschaften prekär und ihre Tariffähigkeit fragil" (25). Differenter ist die politische Rolle der Gewerkschaften in der makroökonomischen Gestaltung der nationalen Reformpolitik. In dieser Hinsicht seien die beiden Vergleichsländer, so die Autoren, ein ungleiches Zwillingspaar: Die Gewerkschaften in Polen haben sich als starke Kraft in den Umgestaltungsprozess eingebracht. Insbesondere die Beteiligung der Solidarnosc an der polnischen Regierung habe zu einer Entschärfung sozialer Konfliktpotenziale beigetragen. Die Gewerkschaften in Ungarn waren in dem parteiendominierten politischen System stets der schwache Juniorpartner. Da die Transformation von Staat und Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt von den ungarischen Sozialparteien nennenswert eingeschränkt wurde, "handelt es sich um einen asymmetrischen Tripartismus, innerhalb dessen die jeweilige Regierung dominierte und die Gewerkschaften ihr wichtigstes Gegenüber bildeten, während die wenig repräsentativen Arbeitgeberverbände eine vergleichsweise nachgeordnete Rolle gespielt haben" (186). Insofern befinden sich die osteuropäischen Gewerkschaften weiterhin in einer Situation von Rekonstitution und Marginalisierung.
Inhaltsübersicht: I. Polen und Ungarn im Zeichen der doppelten Transformation; II. Gewerkschaftstypen und -konfigurationen in Polen und Ungarn; III. Transformationsprozesse, Makroregulationsweisen und Gewerkschaften in Ungarn und Polen; IV. Industrielle Beziehungen und Tarifpolitik in Ungarn.
Wilhelm Johann Siemers (SIE)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 2.62 | 2.22 | 2.2
Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Rainer Deppe / Melanie Tatur: Rekonstitution und Marginalisierung. Frankfurt a. M./New York: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16956-rekonstitution-und-marginalisierung_19477, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 19477
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Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
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