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/ 22.06.2013
Asa Winstanley / Frank Barat (Hrsg.)

Russell Tribunal Palästina. Die Sitzungen in Barcelona im März 2010 und in London im November 2010. Aus dem Englischen von Sigrid Langhäuser

Hamburg: LAIKA Verlag 2011; 698 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-942281-07-2
Das „Russel Tribunal Palästina“ beschäftigt sich als Nichtregierungsorganisation mit dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. Mit dem Tribunal wird eine Reihe fortgesetzt, die 1966 unter dem Dach der Russell Peace Foundation mit einem Tribunal über die Kriegsverbrechen im Vietnamkrieg begann. Im Sinne des Philosophen Bertrand Russell und angesichts einer damals noch fehlenden internationalen Gerichtsbarkeit wurden Menschenrechtsverletzungen angeklagt. Weitere Tribunale wurden zu Menschenrechtsverletzungen in Lateinamerika und Südafrika, zu Berufsverboten in der Bundesrepublik, zur Situation nordamerikanischer Indianer, über Menschenrechte in der Psychiatrie und über die US-Invasion in den Irak abgehalten. Ähnlich willkürlich ist Israel für das jüngste Tribunal ausgewählt worden. In diesem Band sind die ersten beiden von insgesamt vier Sitzungen dokumentiert, wobei immer wieder die vor allem nach Ansicht der Teilnehmer zu kritisierende Politik der Europäischen Union im Mittelpunkt steht. „Das Tribunal rügt insbesondere den Waffenexport nach Israel, den israelischen Export von Waren in die EU, die aus den besetzten Gebieten stammen, die Entscheidung der EU, die Partnerschaftsbeziehungen mit Israel aufzuwerten, die Aktivitäten etlicher Firmen aus der EU bei Projekten in den besetzten Gebieten und die fehlende Kritik an der willkürlichen Zerstörung der Infrastruktur während des Gaza-Krieges.“ (13) In den Ergebnissen der Jury wird u. a. eine irische Firma angeprangert, die Zement nach Israel liefert – dieser werde auch zum Bau des Sicherheitszaunes verwendet. Dieser Zaun wird durchgängig als illegale Trennmauer bezeichnet (man ist versucht zu fragen, warum es nie ein Tribunal zur Berliner Mauer gegeben hat), Israel wird pauschal unterstellt, vom Argument der Sicherheit betrügerischen Gebrauch zu machen und unlautere Absichten zu verfolgen. Der Tenor ist, dass sich Israel nicht völkerrechtskonform verhalte und die Menschenrechte der Palästinenser verletze. Auffällig ist, dass die Teilnehmer des Tribunals gleichzeitig als selbsternannte Ankläger und Richter auftreten, Israel ein legitimes und begründbares Interesse gegenüber den Palästinensern absprechen und diese wiederum ausschließlich als Opfer darstellen, nicht als beteiligte Akteure. Bei aller möglichen berechtigten Kritik an Israel wird mit dieser einseitigen Darstellung die Gelegenheit zu einer zukunftsweisenden Versachlichung der Diskussion verschenkt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.414.32.252.63 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Asa Winstanley / Frank Barat (Hrsg.): Russell Tribunal Palästina. Hamburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34702-russell-tribunal-palaestina_41711, veröffentlicht am 08.03.2012. Buch-Nr.: 41711 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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